G 19 20 München im September 1883 den europäischen Mächten eine Denkschrift zu unterbreiten, in der dem Wunsche Ausdruck verliehen wurde, daß die Schiffahr#t auf dem Kongo im Intercsse einer friedlichen Er- schließung des äquatorialen Afrika für alle Nationen freigegeben und vor jedem Monopol einer einzelnen Macht bewahrt bleibe. Am B. Februar 1884 kam der englisch-portugiesische Vertrag zustande. Er drohte an der Kongomündung ein englisches Kondominium zu schaffen. Der in ihm für die Kongomündung zur Anwendung vorgesehene portugiesische Mozambique-Zolltarif von 1877 belegte den bis dahin völlig abgabefreien Handel am unteren Kongo im allgemeinen mit einem Wertzoll von 10 v. H. Aber gerade dic für den deutschen Export- handel nach dem Kongo am meisten in Betracht kommenden Waren wurden durch ihn mit Zöllen bedroht, die bis zu eiwa 160 v. H. des Wertes stiegen. Die Wertermittlung war überdies vollständig in die Hände des verlotterten portugiesischen Kolonial- beamtentums gelegt. Am 7. März 1884 richtete der Präsident der Handels- kammer in Manchester, James Hutton, namens der Direktoren der Kammer ein Schreiben an den Reichs- kanzler, in dem die Einwände der britischen Inter- essenten gegen den Vertrag dargelegt und darauf verwiesen wurde, daß auch die Hamburger Kaufleute an der Frage interessiert seien und daß der Vertrag nicht ohne die Zustimmung der übrigen europäischen Mächte perfekt werden könnc. Der früher in Loanda für die Afrikaanische Handels- Venootschap in Rotterdam tätig gewesene, damals in Duisburg lebende K. Wahlkonful W. H. Pasteur, ein Niederländer von Geburt, sandte am 2. März ein langes Telegramm an das Auswärtige Amt, in dem er auf die der deutschen Industrie und den Handels- kreisen durch den Verlrag drohende bedeutende Schädigung hinwies. In einer Eingabe vom 16. März brachte er unter Anführung zahlenmäßiger Belege den näheren Nachweis für diese seine Befürchtungen. So würden unter der Wirkung des in dem Vertrag vorgesehenen Mozambique-Tarifs gerade die haupt- sächlich für den Kongo in Frage kommenden deutschen Ausfuhrprodukte, wie sächsische Webwaren, Baum- wollstoffe, Schießpulver, Spirituosen usw., mit einem Wertzoll von 14 bis 166 v.H. belastet werden. Auch die Firma C. Woermann in Hamburg machte am 3. März in einer Eingabe geltend, daß zu befürchten sei, daß die deutschen Schiffe in Zukunft am Kongo ungünstiger gestellt werden könnten als die englischen und daß der regelmäßig wachsende Import deutscher Waren nach dem Kongo und damit auch die deutsche Rcederei eine Schädigung erleiden könnten. Nun regten sich auch die deutschen Handels- kammern und richteten Eingaben an das Auswärtige Amt, in denen gegen den Vertrag protestiert wurde. Die erste auf dem Plan war das Gremium für Handel, Fabriken und Gewerbe in Hof am 19. März, am 24. folgte die Kammer in Plauen. Die Hamburger Kammer wies darauf hin, daß von Januar 1883 bis März 1884 von Hamburg nach dem Kongo 1 029 900 Pfund Schießpulver im Wert von etwa 300 000 Mark, Spirituosen 2453 t im Wert von 300000 Mark und Diverses (Waffen, Reis usw.) 555 t im Wert von 250000 Mark verladen worden seien. Die Handelskammer in Solingen trat in ihrem vom 1. April datierten Schreiben lebhaft für die Auf- rechterhaltung des bisherigen Zustandes am Kongo ein und entfaltete bei den übrigen deutschen Kammermn eine lebhafte Agitation für die Beteiligung an diesen Protesten, denen sich im Laufe der nächsten Wochen noch weitere 22 süd= und westdeutsche Kammem anschlossen. Die in Mannheim betonte in ihrer Eingabe hauptsächlich das große Interesse am Import von Erdinüssen, von dem ein Teil aus dem Kongo- gebiet stamme und über Rotterdam vor sich gehe. Der Bezirk habe zur Herstellung feiner Speiseöle die Einfuhr von Olsämereien von 1882 bis 1883 fast ver- doppelt und scit 1880 vewierfacht. Sie betrage jetzt 241514 Doppelzentnek. Wenn einzelne Kammern, wie die in Hagen und Wiesbaden, in ihren Eingaben auf die mit großer Energie und Aufwendung be- deutender Kapitalien an der Kongomündung ge- gründeten deutschen Handelsniederlassungen hinwiesen, so war das ein Irrtum. Denn weder damols noch viele Jahre später bestanden dort solche deutsche Faktoreien. Es ist später die Vermutung ausgesprochen worden, daß König Leopold hinter dieser plötzlichen Bewegung der deutschen Handelskammern und Handelskreise durch Mittelspersonen gesteckt habe, wic er es ja auch unzweifelhaft war, der durch den ihm persönlich nahestehenden Kaufherrn J. Hutton, den Präsidenten der Handelskammer in Manchester, dic gleiche Be- wegung in England fördern ließ, was auch der bri- tischen Regierung sehr wohl bekannt war"). Nicht unmöglich wäre es, daß der genannte Konsul Pasteur durch seine früheren Beziehungen zu der großen Rotterdamer Handelsgesellschaft zu seinem Vorgehen veranlaßt worden ist, der natürlich der Vertrag höchst * Auch in in den Vereinigten Staaten hatte er durch General Sanford eine ähnliche Bewegung in Gang gebracht. Die Handelskammer von New Vork hielt am 10. Jannar 1884 eine Sitzung ab, in der der Präsident der New Yorker geographischen Veseilschaft, Chief Justice Daly, eine längere Rede über die freie Schiffahrt auf dem Kongo hielt, zu der ihm offenbar Sanford die Unterlagen geliefert hatte. Auf diesen Vortrag hin faßte die Versammlung eine Entschließung, durch die die Vereinigten-Staaten-Regicrung aufge ordert wurde, die Portugiesische Regierung davon zu verständigen, daß die Vereinigten Staaten ihr nicht das Recht zu- gestehen könnten, dic freie Schiffahrt auf dem Kongo einzuschränken, und daß sie nicht in der Lage wäre, ihre Terrikorialansprüche auf den Kongo anzuerkennen, 2“