G 31 20 diese wichtige Frage deshalb so leicht hinweggesetzt, weil der König wiederholt darauf hingewiesen hatte, daß er die Zukunft seiner Staatengründung durch die UÜberweisung eines besonderen Schatzes sicher- stellen werde. Stanley gegenüber hatte er in einem mysteriösen Ton von dem Vorhandensein dieses Schatzes gesprochen und ihm zu verstehen gegeben, daß es sich um eine erhebliche Summe handele und dabei hinzugefügt: „quand on a cela, on le garde par devers sol“. Freilich übersah man dabei, daß um ein so kostspieliges Unternehmen wie den Kongostaat aufrecht zu erhalten, das Einkommen eines amerika- nischen Milliardärs erforderlich gewesen wäre. In Wahrheit hat der König nur den größten Teil seines ererbten Privatvermögens und Ersparnisse aus der jährlichen Zivilliste von 3,3 Millionen Frank für den Kongo aufgewendet. Wenn gegen die Kongokonferenz später der Vor- wurf erhoben worden ist, daß sie nicht genügende Maß- nahmen beschlossen habe — etwa durch Einsetzung einer internationalen Überwachungskommission —, um die Entwicklung des Kongostaates zu einem abso- lutistischen Staat, der seinesgleichen nicht in der neueren Geschichte findet, zu hindern, so ist hierzu zu bemerken, daß nach dem mühsam genug verein- barten Programm der Konferenz diese sich gar nicht mit dem Kongostaat als solchem, nicht mit seiner territorialen Gestaltung noch mit seiner innerpolitischen Organisetion zu befassen hatte und daß hinsichtlich einer solchen internationalen Kontrollkommission schwerlich eine Einigung unter den beteiligten Mächten zu erzielen gewesen sein würde. War doch nicht einmal die in Artikel 17 der Kongoakte vorgesehene inter- nationale Schiffahrtskommission ins Leben getreten, trotzdem der Kongostaat für die Kartographie des Kongo und für die Vertonnung und Bakenaufstellung in seinem Fahrwasser lange Jahre sehr wenig getan hat. Daß der Herrscher des Kongostaates von der ihm nach Lage der Entwicklung der Dinge zustehenden absoluten Gewalt einen für die Allgemeinheit und letzten Endes auch für sein Unternehmen selbst so abträglichen Gebrauch machen würde, konnte 1885 niemand voraussehen. Der einzige Staatsmann, der vorausblickte, daß die Versichenung des Königs, daß der neue Staat keine Einfuhrzölle brauche, da die Association „##ui assurcra une dotation suffisante pour lui per- mettre à faire face aux dépenses“ sich kaum werde aufrecht erhalten lassen, war der portugiesische Minister du Bocage. Er sagte dem deutschen Ge- sandten nach dessen Bericht vom 12. Mai 1884 „Die Frage wäre nur, wie lange zu einer solchen Dotation die Privatmittel selbst eines Königs aus- reichen werden und was geschehen soll, wenn letztere erschöpft sind? Keinesfalls ist Portugal reich genug, „de se passer de pareilles fantaisies,“ (Bismarck bemerkte hierzu am Rand: „Nicht teuer“.) die überdies aller rationellen Kolonialwirtschaft zu schwerem Präjudize gereichen würden. Das Höchste, was wir bieten können, wäre: aus der Souveränität über unser Kongogebiet keinerlei fiskalische Vorteile und keinerlei Privilegien für das Mutterland zu ziehen. Letzterem aber alle Kosten aufzubürden, um am Kongo eine steuerlose Utopie zu schaffen, müssen wir ablehnen.“ Der Arger und der Neid auf die Erfolge der Association bei den Vereinigten Staaten und bei Frankreich hatten diesem Staatsmann die Augen geöffnet. Schon die Beschlüsse der Brüsseler Konferenz von 1890, die dem Kongostaat die Erhebung von Einfuhrzöllen bis zur Höhe von 10 v. H. des Wertes der Waren gestatteten und damit die wichtigsten Beschlüsse der Berliner Konferenz über den Haufen warfen, sollten ihm recht geben. *) Nach einer veffizielten Zusammenstellun hat der König von 1876 bis Ende 1890 19,5 Millionen aus seinen Privatmitteln für den Kongo ausgegeben, davon aber 8 Millionen aus den Ergebnissen der Kongolos-Anleihe und aus den Vorschüssen, die Belgien dem Kongostaat gewährte, sich zurückerstatten lassen. Der Rest von 11,5 Millionen ist ihm dann im Jahre 1905 vom Kongostaat wieder gutgebracht worden. (Nouvement. géographique 1911, S. 237.) tt Angaben sind nicht ganz zutrefsend. Wie uppel, sich die Klarlegung der finanziellen Zeule hea E nach den Brüsseler Akten zur besonderen Aufgabe gestellt hatte, bei Gelegenheit einer Besprechung des großen. Werkes von Dr. H. Waltz: Das Konzessionswesen im Belgischen Kongo, Jena 1917, in der Kolonialen Rundschau 1917, S. 437 angibt, haben die Zuschüsse des Königs an das junge Staats- wesen von 18386 bis 1890 8 861 915,83 Fr. betragen. Von den weiteren Zuschüssen von je 1 Million Fr. in den folgenden zehn Jahren, zu denen er sich in dem Abkommen mit Belgien vom Juli 1890 verpflichtet hatte, hat er nach den im Prozeß der Prinzessinnen Töchter gegen den belgischen Staat im Jahr 1910 von dem ehemaligen Staatssekrctär van Eetvelde, den Generalsekretären Liebrechts und Pochez abgelegten Zeugenaussaßen höchstens bis 15, 5 eine Million, im ganzen also 4 Millionen Fr. Dic könig- lichen Zuschüsse an den Prthosttn ürugen also alles in allem 12 861 915 # on diesen sind ihm aus den Erträgnissen 16. Prämienlosanleihe von 1887 5450 000 Fr. und aus der ersten Rate des belgischen Darlehns an den Kongostaat vom Jahre 1890 im Ge- samtbetrag von 25 Millionen Fr. 2 600 000 Fr., also zusammen 8.050 000 Fr., ausbezahlt worden. Für den noch verbliebenen Rest seiner ungedeckten Zuschüsse von 4 811 915,83 Fr. hat er sich aus dem fingierten Darlehen des Antwerpener Bankiers Browne de Tieège, das angeblich mit Zinsen 5287 415,65 Fr. betragen sollte, zu dessen Deckung sowie zur Tilgung weitcrer Schulden des Kongostaates die belgischen Kammern im Jahre 1895 zu einem ferneren Darlehen von 6,8 Millionen Fr. bewogen worden waren, bezahlt emacht. Beide Beträge passen auch, wenn man die Fineen für die zunächst ungedeckt ##lllebenen Zuschüsse in Betracht zieht, gut zusammen. Hinsichtlich der königlichen Zuschüsse für die Jahre 1876—85 in der Gesamthöhe von 10,6 Millionen Fr., die als die Gründungslosten des Kongostaates betrachtet wurden, sei auf das in Artikel XII S. 62 Gesagte verwiesen.