W 75 20 der Propaganda, regieren. Bei Errichtung einer solchen Hierarchie werden, genau wie in Europa, mehrere Diözesen mit jeweils einer Erzdiözese zu einer Kirchenprovinz zusammengeschlossen. Zu einem solchen Abschluß der katholischen Missions- organisation ist es in unseren Schutzgebieten mit ihren verhältnismäßig jungen Missionen noch nicht gekommen. Soweit katholische Missionen schon in unseren Kolonien wirkten, bevor die deutsche Flagge über ihnen wehte, gehörten sie ausländischen, durchweg französischen Orden an. Missionsgesellschaften deutschen Ursprungs, die sich auch heute noch einer ganz deutschen Generalleitung erfreuen, sind die Gesellschaft des Göttlichen Wortes, die unter dem Namen Steyler Missionsgesellschaft be- kannter ist, und die bayerischen Benediktiner von St. Ottilien. Die erstgenannte Gesellschaft wurde 1875 in dem holländischen Dörschen Steyl bei Venlo nahe der deutschen Grenze gegründet und erhielt 1892 in Oberneuland bei Neiße ihr erstes Missionshaus auf deutschem Boden. In Togo, Kaiser-Wilhelmsland und Kiantschon übt sie eine umfassende Missionstätigkeit aus. Die Kongregation der Benediktiner von St. Ottilien besteht seit 1884 und ist in Deutsch-Ostafrika tätig. Alle übrigen katholischen Missionsgesellschaften sind nicht deutschen Ursprungs, haben aber sämt- lich eine eigene deutsche Provinzialleitung. 1892 ließen sich die in Kamerun sehr erfolgreichen Pallotiner in Limburg an der Lahn, 1895 die schon lange um Deutsch-Ostafrika verdienten VBäter vom Heiligen Geist in Knechtsteden und im gleichen Jahre die Oblaten der un- befleckten Jungfrau Maria für Deutsch- Südwestafrika in Hünfeld nieder. Daran schlossen sich 1896 die Weißen Vöäter in Trier, die drei große Vikariate im deutsch-ostafrikanischen Hinterlande missionieren, und die Herz-Jefu- Missionare in Hiltrup, deren Vikariat Neu- pommern (nebst Marshall-Inseln) hinsichtlich der Zahl der Neuchristen an der Spitze aller katho- lischen Südseemissionen steht. 1900 eröffneten die Maristen ein Missionshaus in Meppen für Samoa und die Nord-Salomonen, während 1903 die alte rheinisch-westfälische Kapuzinerprovinz ihre spanischen Ordensbrüder auf den Karolinen und Marianen ablöste. 1912 gründeten die Oblaten des heiligen Franz von Sales, die den süd- lichen Teil von Deutsch-Südwestafrika bearbeiten, von Wien aus ein Missionshaus zu Marienberg bei Geilenkirchen. Ohne Missionsanstalt innerhalb der Reichsgrenze sind bis jetzt die Priester vom heiligen Herzen Jeju, deren deutsche Provinz ihren Sitz in Sittard hat und seit 1912 die Präfektur Adamaua in Kamerun versieht. Ihre gemeinsamen Interessen beraten die Obern der katholischen Missionsgesellschaften in der jährlich wenigstens einmal tagenden Superioren- konferenz, die mit der vorwiegend aus Laien zusammengesetzten Missionskommission der deutschen Katholikentage in enger Fühlung steht. Die Regelung der Vereins= und sonstigen Werbe- tätigkeit für die Missionen untersteht den deutschen Bischöfen, die mitsamt ihrem Klerus gerade in den letzten Jahren vor dem Kriege das Missions- wesen erheblich gefördert haben. Um die Pflege der katholischen Missionswissenschaft hat sich besonders verdient gemacht die katholische Fakultät zu Münster, von welcher zuerst missionswissen- schaftliche Vorlesungen und ein missionswissen- schaftliches Seminar eingerichtet wurden. Auch das Institut für missionswissenschaftliche Forschung hat seinen Sitz in Münster. Im ganzen wirkten vor Kriegsausbruch in den deutschen Kolonien mit Einschluß von Kiautschou 476 Missionspriester, 305 Laienbrüder und 462 Missionsschwestern. Auf 232 Haupt- und 1680 Nebenstationen wurden rund 166 000 Katholiken und 57 000 Taufbewerber gezählt. Soweit die Organisation der katholischen Mission. Die evangelische Mission Deutschlands war zu Beginn der deutschen Kolonialära bereits durch große, blühende Arbeitsfelder in Anspruch genommen. Gleichwohl ist auch sie in die kolo- niale Arbeit mit Eiser und starkem Krafteinsatz eingetreten. Die evangelischen Missionen haben im Gegen- satz zu den katholischen keine mit Befehlsgewalt ausgestattete Zentralstelle. Das gilt nicht nur für die Missionen der verschiedenen Staaten, sondern auch für die deutschen Missionen in ihrem Verhältnis zueinander. Es erklärt sich das 3