W 297 20 UBberlegenheit legte die Vermutung nahe, daß der Gegner die Kräfte am Kamerunberg bedeutend überschätzte. Es konnte nur von Vorteil für die deutsche Abteilung sein, ihn hierin zu bestärken. Je stärker er die Abteilung am Kamerunberg einschätzte, desto mehr Truppen mußte er zum Angriff auf sie bereitstellen, desto unangenehmer fühlte er sie, je weiter er ins Innere vordrang, als Bedrohung seiner Flanke. Es war damit zu rechnen, daß der Feind ausschließlich seine Nach- richten durch die am Kamernnberg ansässigen Eingeborenen erhielt; es kam also darauf an, auch diese zu tänschen. Durch Aufteilung der gesamten Truppe in kleinere Abteilungen, die häufig ihre Quartiere wechselten, durch Aufstellung neuer, mit Eingeborenengewehren ausgerüsteten Truppen, die aber nie am Feinde verwendet wurden, und durch weit über den Bedarf hinaus- gehende umfangreiche Befestigungsanlagen ist jedenfalls unter den Eingeborenen und wahr- scheinlich auch beim Feind der erwünschte Eindruck erzielt worden. Bestärkt wurde er durch weit vorfassende Patrouillenunternehmungen mit starken Kräften, die sich bis Mbonjo ausdehnten, als dort Anfang November starke feindliche Abteilungen festgestellt wurden. Das Mitte Oktober unter schweren Verlusten vom Feind erzwungene Vorrücken auf Kake und Susa an der Nordbahn, dem die Kompagnie v. Engelbrechten auf Majuka ausgewichen war, eröffnete dem Feind einen neuen Weg nach Buea — über Mpundu. Ihn verlegte die von der Abteilung Sommerfeld auf dringende Bitte ent- sandte Verstärkungsabteilung von 30 Gewehren des Leutnants der Reserve Gröpke, die Mpundu besetzte. Zwei von dort ausgehende energische Vorstöße gegen Mbonjo, einer unter Führung von Leutnant Tiede am 3. und der andere unter Führung von Leutnant v. Behr am 7. November, brachten dem Feinde, der am 6. November Mu- juka besetzt hatte, Verluste und störten seine Vor- bereitungen. Ein über Bombe auf Mujuka am 8. angesetzter Flankenstoß mußte abgebrochen werden, da der Feind am 7. Mujuka wieder räumte. Der mit starker Überlegenheit auf Mujuka vorgeführte feindliche Stoß, dessen Nebenziel die Zerstörung des Bahnkörpers zwischen Mujuka und Susa war, hatte den Zweck, die äußerst rührige Kompagnie v. Engelbrechten, die entlang und mit Hilfe der Bahnstrecke den Feind dauernd störte, abzuschütteln, um Truppen und Kraft für den Angriff auf den Kamerunberg zu erübrigen. Die Größe der Mittel, mit denen dieser Angriff vor- bereitet und durchgeführt wurde, beweist, daß der Feind sich über die Stärke der am Kamerunberg befindlichen Truppen hat täuschen lassen. Klares Übergangswetter am 12. November ermöglichte die Beobachtung der Schiffsbewegungen in der Kamerunmündung von Soppo und Buea aus. Gegen 11 Uhr vormittags lösten sich von der in der Manokabucht liegenden „Cumberland“ sieben bis acht kleine Fahrzeuge, die Kurs auf den Kamerunberg nahmen. Gleichzeitig konnte zahl- reicher Kannverkehr im unteren Mungo festgestellt werden. Am 11. hatte außerdem der Komman= dant der „Joy'’ in Victoria durch einen Parla- mentär die Beschießung ankündigen lassen, falls der Ort nicht bis 4 Uhr nachmittags übergeben sei. Weisungsgemäß antwortete der das Kom- mando führende Offizier, Leutnant der Reserve Feldmann: Victoria wird verteidigt. Der An- griff am 13. November morgens kam also nicht überraschend. Die Truppe war gewarnt und auf allen Posten gefechtsbereit. · Da Bombe zur Verbindung mit der Kompagnie v. Engelbrechten mit 30 Mann besetzt war, standen am Kamerunberg noch 150 Gewehre. Gegen sie entwickelte der Feind auf Victoria, Tiko und Mpundu in drei Angriffskolonnen etwa 2000 Mann mit reichlicher Maschinengewehr= und Geschützaus- stattung. Der Ausgang dieses ungleichen Kampfes konnte nicht zweifelhaft sein. Daß er von der schwachen deutschen Truppe trotzdem angenommen und tapfer durchgefochten wurde, gereicht ihr zur hohen Ehre. Ein besonderes Ruhmesblatt der Ge- schichte des Feldzuges in Kamerun bildet aber der heldenhafte Durchbruch, den nach zweitägigem, er- bittertstem Ringen 8 Europäer und 60 Farbige durch einen mehrtägigen Gewaltmarsch über die bis 4000 m ansteigenden Kuppen des Kamerunberges erzwangen. Die tapfere Schar fand Anschluß an die 100 km im Innern kämpfende Schutztruppe. Vor Victoria erschienen am 13. gegen 8 Uhr morgens der französische Panzerkreuzer „Bruix“, die englische Jacht „Ivy“, ein Truppentransport- schiff sowie mehrere Barkassen. Die Beschießung von Victoria und Botha begann Punkt 9 Uhr vormittags und dauerte mit geringer Unterbrechung zwei Stunden. Verluste von Menschenleben ver- ursachte sie nicht, dagegen Gebäudeschaden. Wäh- rend der zweiten Hälfte der Beschießung landete der Feind an einem außerhalb Bothas liegenden unbesetzten Strand eine Kompagnie Seesoldaten, die die schwache Abteilung in Botha zurückdrängten und einen Hügel zwischen Botha und Victoria in unmittelbarer Strandnähe besetzten. Die deutsche Abteilung vor Victoria beschränkte sich darauf, dem Feind ein Vordringen in Richtung Doniadi- kombo zu verwehren, bis sie am 14. mittags ab- berufen, mit Bahntransport nach Molyko befördert und von dort auf Bonakanda in Marsch gesetzt wurde. Die wichtigste Aufgabe hatte die bei Tiko