G 304 20 Truppe, glücklicherweise ohne Schaden anzu- richten. Die Salven lagen alle zu hoch. Unsere Abteilung entwickelte sich mit größter Beschleuni- gung, ging in Stellung und eröffnete das Feuer. Das Gefecht entwickelte sich bald zu größter Heftigkeit. Das außerordentlich unübersichtliche Gelände mit seinem dichten Dorn= und Mo- panebusch, vielen Termitenhügeln, mächtigen Affenbrotbäumen und zahlreichen Eingeborenen- hütten machte die einheitliche Führung des Angriffs fast unmöglich. Daher teilte sich die anfänglich einheitlich angesetzte Front bald in einzelne Kampfgruppen, die unter ihren Unter- führern mehr oder weniger selbständig kämpften. Vom Fort war noch nichts zu sehen. Der Gefechtslärm nahm immer mehr zu. Rücksichts- los gingen die Züge der 6. Kompagnie an den Feind heran, die Geschütze mußten, um nicht Gefahr zu laufen, bei dem unübersichtlichen Gelände in die eigene Linie zu schießen, ihnen fast auf dem Fuße folgen. Noch leistete der Gegner heftigen Widerstand. Unser Angriff schritt vor- wärts. Das Feuer einer feindlichen Gebirgs- batterie war schwach und wirkungslos und bald verstummt. Ein Zug unter Hauptmann Weiß hatte sich in kurzer Zeit bis auf 100 m an das Fort, das jetzt von der Batteriestellung aus auf etwa 800 m halbrechts vorwärts sicht- bar wurde, nicht ohne Verluste herangearbeitet und lag fest. Unsere Batterie hatte inzwischen mit einem Volltreffer das portugiesische Muni- tionslager zur Explosion gebracht. Der auf 100 m am Feinde liegende Infanteriezug litt schwer, Hilfe war dringend nötig. Ein zu seiner Unterstützung bereits vorgeschicktes und dicht hinter seiner Linie in Stellung gegangenes Gebirgsgeschütz hatte sich bald bis auf sechs Schuß verschossen, als der Rest der Batterie, drei Geschütze, ebenfalls hier in Stellung ging und so die ersehnte Hilfe brachte. Beim Vor- gehen hatten ihr die Mozambique-Askaris und eingeborenen Hilfskrieger durch das Feuer, das sie aus ihren über das ganze Gefechtsfeld zer- streut liegenden zahlreichen Pontocks auf sie abgaben, böse mitgespielt. Auf dem linken Flügel stand das Gefecht günstig. Auf dem rechten Flügel traten in der letzten Stellung, 100 m vor dem Fort, empfindliche Verluste ein. Die in den dichtbelaubten Kronen der mächtigen Affenbrotbäume sich völlig unsichtbar versteckt haltenden Mozambique-Askaris gaben gut gezielte Schüsse aus nächster Entfernung ab. Außer beträchtlichen Verlusten an Unter- offizieren und Mannschaften fielen hier vier Offiziere, mehr oder weniger schwer verwundet, aus. Major Franke selbst erhielt einen Schuß, der steil von oben aus einer Baumkrone das Gesicht und die linke Schulter traf. Er gab die Führung an Hauptmann Trainer ab und befahl zu stürmen. Die Lage war ernst ge- worden. Auf unserem linken Flügel, der dem Gegner in seinen durch Dornbusch und Draht- verhau verstärkten Schützengraben arg zugesetzt hatte, war unterdessen als letzter verzweifelter Versuch der Portugiesen eine Attacke der Schwa- dron Angola-Dragoner in unserem Maschinen- gewehrfeuer erstickt. In dieser Zeit drangen Hauptmann Weiß und Leutnant der Reserve Bieder an der Spitze von 28 Mann — alles was zur Hand war —, mit aufgepflanztem Bajonett durch den noch unversehrten Dorn- buschverhau in das Fort ein, in dem der schwer erschütterte Gegner keinen nennenswerten Wider= stand mehr leistete. Vier Stunden hatte das Gefecht gedauert. Der errungene Erfolg war ein vollständiger Sieg. Die 2. Kompagnie, die den Angriff hatte eröffnen sollen, war in ihrem Vormarsch durch das schwierige Gelände am Kunene sowie durch am Ufer verborgene feindliche Abteilungen, mit denen sie in kleinere Gefechte verwickelt wurde, derart aufgehalten worden, daß sie erst beim Fort eintraf, als es bereits genommen war. Unsere Streitmacht betrug alles in allem rund 350 Mann mit 4 Maschinengewehren und 6 leichten Geschützen. Unsere Verluste waren 11 Tote, 22 mehr oder weniger schwer Verwundete, darunter 6 Offiziere. Die Stärke des Feindes soll sich auf 1200 bis 1300 Mann belaufen haben. Er verlor: etwa 150 Tote, darunter 3 Offiziere, 29 Schwerverwundete, 37 unverwundete Gefangene. Ferner ließen die Portugiesen ein Maschinengewehr, Munition, einige Pferde und Maultiere zurück." Die Niederlage der Portugiesen, die in kopf- lose Flucht ausartete, machten sich ihre eigenen Ovambostämme in vollstem Maße zunutze, indem sie die Verfolgung aufnahmen und jeden Portu- giesen, dessen sie habhaft werden konnten, um- brachten. Unsere Ovambostämme, denen durch ihren Missionar Toenjes der Zweck unseres Marsches durch ihr Gebiet auseinandergesetzt war, und denen die Bestrafung der Mörder nichts weniger als gerecht erschien, verhielten sich friedlich und ruhig. Die portugiesischen Berichte über die Er- stürmung Naulilas stimmen im allgemeinen hiermit überein. Nur wird die Stärke unserer Truppen maßlos überschätzt. Oberst Rocadas nennt in seinem offiziellen Bericht einen der Gründe der Niederlage: „Überlegenheit des Angreifers an Truppen, Artillerie und Maschinengewehren.“