W 324 20 daß gerade diese Schwierigkeiten zu vermehrter Arbeitsleistung und dem stolzen Gefühl führen, mit den denkbar geringsten Mitteln wirklich Be- wundernswertes zu leisten. Wir schieden von dem Schlafkrankendorf mit dem erhebenden Bewußt- sein, mit echtem hohen Adel in der Person der dort arbeitenden Arzte in Berührung gekommen zu sein. ' Auch gegen andere Volksseuchen wird in Togo der Kampf so energisch als möglich geführt. Die Bezirksleiter impfen gegen Pocken, errichten Aus- sätzigenasyle und sorgen für Isolierung von an Genickstarre Leidenden. Auf jeder (deutschen) Regierungsstation sind sehr ansehnliche Länderstrecken mit Versuchspflan- zungen angebaut. Außer diesen sind weitere zwölf kleinere Versuchsgärten angelegt, in welchen nur die für die betreffende Landschaft wichtigsten Nutz- pflanzen angebaut sind. Eingeborene halten diese Versuchsgärten instand. Für diese Arbeit wird ihnen der Ertrag der Gärten überwiesen. Sie sollen dadurch angelernt und ermuntert werden, die für ihre Landschaft passenden Nutzpflanzen selbst zu ziehen. Hierzu liefert ihnen der Garten kostenlos das Saatgut. So gibt sich die (deutsche) Verwaltung alle erdenkliche Mühe, Nutzbänme in der Kolonie zu verbreiten und solche auch an den (von ihr angelegten) Straßen entlang anzupflanzen. Das alles sind für solche, die auf der (eng- lischen) Goldküste leben (der schweizer Arzt war, wie erwähnt, seit 25 Jahren an der englischen Goldküste tätig), zum größten Teil neue Dinge. Der Kampf gegen die Schlafkrankheit wird hier sehr lässig geführt, und für die Aussätzigen ist noch kein Asyl errichtet. (Weiter unten wird berichtet, daß im englischen Gebiete 75.000 Menschen, das sind 5 v. H. der Gesamtbevölkerung, an Genickstarre gestorben sind. Dabei hat die Gold- küste hohes Einkommen, 1912 30 Millionen Frank oder 20 Frank auf den Kopf; Togo hatte nur 5 Millionen Frank Einkommen oder 5 Frank auf den Kopf.) In neuerer Zeit tut jedoch die englische Regierung auch recht Ansehnliches zur Hebung der Landeserzeugnisse; aber es reicht weitaus nicht hin an die großzügige und weit- sichtige Arbeit der deutschen Regierung. Die (in der deutschen Kolonie von der deutschen Regierung angepflanzten) herrlichen Bestände von Teakholz, von Mahagoni, Olpalmen, Kautschukarten und einer ganzen Reihe von Nutzhölzern sucht man auf der Goldküste vergebens. Am 27. Januar (1910) langten meine beiden Reisegefährten in Amedschowe (in der deutschen Kolonie) an. Der eine von ihnen hatte noch als Andenken an die schlechten Wege auf der (englischen) Goldküste ein Loch gerade über dem linken Auge mitgebracht. Glücklicherweise war es, durch Splitter des einen Brillenglases verursacht, nicht bedenklich. Am 31. Januar brachen wir (zu Rad) auf. Wie gut ließ es sich auf den schönen (von der deutschen Regierung erbauten) Wegen fahren! Die Flüßchen waren alle überbrückt. Der Weg führte durch eine Ebene in die neuangelegten Santrokofidörfer. Früher lagen sie hoch oben in den Bergen, denn dort waren sie sicher vor feindlichen Überfällen oder konnten doch leicht verteidigt werden. Die Zeiten haben sich nmun glücklicherweise geändert. Die (deutsche) Regierung sorgt für Frieden, und neue Erwerbs- quellen öffnen sich. Im Tal ziehen gute (von den Deutschen erbaute) Straßen, und ihnen entlang ent- wickelt sich Verkehr und Handel. Da kann man nicht mehr droben bleiben, wenn man voran- kommen will. Darum sind die Santrokofilente hinab ins Tal gestiegen und bauen sich nun an der Straße zwei neue Dörfer. (Von englischer Seite wird immer behauptet, daß die Bewohner der Dörfer an den Straßen landeinwärts fliehen, um sich den Bedrückungen der deutschen Regierung zu entziehen; hier berichtet ein Augenzeuge im Gegenteil, daß sie aus sicherem Versteck wegziehen und sich an den neuen von den Deutschen erbauten Straßen ansiedeln. Im ganzen Buche wird nicht ein einziges Mal erwähnt, daß die Reisenden auf ihrem 1100 bis 1200 Kilometer langen Reisewege im deutschen Gebiet auch nur einmal ein einziges von ihren Bewohnern verlassenes Dorf oder Gehöft angetroffen haben.) Jeder Togoreisende wird Ursache haben, das Lob der (von der deutschen Regierung eingeführten) Rasthöfe (Karawansereien, eine Art „Gasthöfe", in denen die Reisenden wohnen können) zu singen, denn nicht alle können sich den Luxus erlauben, ein Zelt mitzuführen. Von Kratschi an (im deutschen Gebiet) ist das Land sehr eben. Die prächtige Straße führt schnurgerade nach Norden. In Jendi (im deutschen Togogebiete) be- suchten wir das Grab von Hauptmann Mellin, der soviel für die Kolonie geleistet hat, und der durch sein warmes Herz und seine Gerechtigkeit und Milde das Vertrauen und die Liebe der Bölkerschaften des Mangubezirks (an dessen Spitze der Verstorbene lange Zeit gestanden) in seltenem Maße gewonnen hatte. Ein Beweis von der Achtung, in welcher Hauptmann Mellin stand, erhielten wir an jenen Tagen. Es kam eine Abordnung des Häuptlings von Santile, fünf gewehrtragende Soldaten und ihr Anführer, und schossen zu Ehren und zum Gedächtnis des Haupt- manns ihre Gewehre dreimal über seinem Grabe ab. Wenn man bedenkt, daß noch vor wenigen Jahren Tamale (Sitz der englischen Kolonial=