G. 85 20 daß wir getreu und loyal den Friedensvertrag erfüllen werden, soweit das irgendwie in unseren Kräften steht. Ich unterschreibe und unterstreiche das gern. Aber zugleich darf ich als Leiter des Kolonialministeriums doch daran den Wunsch und auch die Hoffnung knüpfen daß eine friedliche Auseinandersetzung zu einer Revision des Friedensvertrags auch in bezug auf unsere Ko-= lonien führen werde. Denn, meine Damen und Herren. dar sei der Schlußgedanke meiner Anusführungen : soll der Völkerbund die Gewähr dauernden Bestandes in sich tragen und au Stelle des völkergerfleischenden Welt- krieges der von allen Menschenfreunden ersehnte Welt- friede treten, dann dürfen wir mit gesundem Opti- miemus trotz der entsetzlichen Erfahrungen der Ver- gangenheit von dem hoffentlich nahen Zeitpunkte, wo beim Wiedererwachen des Weltgewissens Haß und Ver- blendung der Vernunft und Gerechtigkeit weichen müssen, im Wege friedlicher Verständigung eine ge- rechte Erfüllung unseres berechtigten Anspruches auf lälige Mitwirkung an der zivilisatorischen und koloni- satorischen Arbeit der Kulturnationen und auf Wieder- herstellung deutschen Kolonialbesitzes erwarten. (Leb- hafter Beisall., II. Meine Damen und Herren: Beiden Herren Vor- rednern?) bin ich für ihre Ausführungen dankbar, und ich danke ihnen ganz besonders noch einmal für das große Interesse, das sie den Beamten des Rolonial= ministeriums gewidmet haben, und dann für ihre opti- mistischen Hoffnungen auf Deutschlands koloniale Zukunft. Was dic Kolonialbeamten anlangt, so möchte ich zur Beseitigung ausgetretener Benuruhigungen noch einmal mit allem Nachdruck betonen. daß das Reichs- kolonialministerinm alles daransetzen wird, um die Beamten in anderen gecigneten Reichsstellen unterzu- bringen. Es ist von mir zu diesem zweck ein Zirkular an alle beteiligten Reichsbehörden gerichtet worden, des Inhalts, daß es die Ehrenpflicht des Reichs sei. derade dir Reichskolonialbeamien in erster Linie bei Neubesetzung von Stellen zu berücksichtigen. Weiter wird an die einzelnen Beamten das Ersuchen gerichtet. ihre Wünsche begüglich anderweitiger Anstellung im Rcichsdienst anzugeben und insbesondere zu vermerken, bei welcher Stelle sie nach ihren Fähigleiten und ihren pralktischen Erfahrungen untergebracht zu werden wünschen. Ich hoffe, daß es auf diese Weise möglich sein wird, einen beträchtlichen Teil der bewährten Beamtenschaft des Reichskolonialministeriums ander- weitig unterzubringen. Das gilt namentlich auch von den neu zu errichtenden Stellen, insbesondere dem Ab- wanderungsamt und dem nenen Ministerium für den Wiederaufbau Nordfrankreiche. Bereits im Haupt- *) Den Abgeordneten Dr. Böhmert (D. D. P. und Luverreng (Duil. V. P.). auoschuß habe ich darauf hingewiesen, daß sofort nach Errichtung des Ministeriums für den Wiederaufbau Nordfrankreichs und nach der Amtsernennung des neuen Ministers ich mich mit ihm zu diesem Zwecke in Verbindung setzen werde. In welcher Weise dann die Ausführung des Gesetzes über die Kolonialdoutschen erfolgen soll, darüber werde ich mich mit ihm zu ver- ständigen suchen. Wenn der Herr Vorredner weiter die Frage ge- stellt hat, ob auch beabsichtigt sei, ein Gesetz für die Schadloshaltung derjenigen Beamten einzubringen, die trotz dieser Bemühungen nicht anderweitig bei Reichs- stellen oder in sonstiger Weise untergebracht werden konnten, so kann ich ihm erklären, daß ein derartiges Gesetnz in Vorbereitung ist. Eine Ubereinstimmung über den Inhalt ist in manchen schwierigen Punkten bisher noch nicht vollständig erzielt worden, aber es wird die Aufgabe des Reichskolonialministeriums sein. so schlennig als möglich auch dieses Gesetz einzu- bringen. Schließlich haben die beiden Herren Vorredner übereinstimmend eine Auffassung über die koloniale Bulunft Deutschlands zum Ausdruck gebracht, über die ich mich von Herzen gefreut habe. Ich hoffe, daß alle Stände und alle Schichten der deutschen Be- völkerung dazu beitragen mögen, um so schleunig als möglich diesen Optimismus zu verwirklichen. (Bravol) III. Meine Damen und Herren! Sic werden gewiß von mir nicht erwarten (Ruse bei den Unabhängigen Sozialdemokraten: Nein! Nein!), daß ich dem Herrn Vorredner") auf alle seine Ausführungen, die eine würdige Fortsetzung seiner gestrigen Rede bedeuten, antworte. (Sehr richtig!) Der Herr Vorredner hat offenbar ein deutsches Parlament mit irgendeinem parlamentarischen Versammlungsort im Auslande für seine Ergüsse verwechselt. (Sehr gut!) Nur auf einen Punkt will ich ihm antworten. Ich hatte vorhin geglaubt, sagen zu dürfen, daß alle Parteien dieses hohen Hauses einig seien in der Ver- urteilung der Gründe, die zum Raube unserer Kolonien geführt hätten, und daß deswegen das Haus vom Standpunkte der nationalen Ehre aus Protest ein- legen müsse gegen diese Begründung unserer Ver- gewaltigung. Nach den Ausführungen des Herrn Vorredners, der erklärt hat, daß nationale Ehre eine Redensart sei und daß er sich und seine Parteifreunde von diesem Protest ausnehme, muß ich meine Er- klärung dahin einschränken, daß alle Parteien in diesem hohen Hause, dic noch Verständnis für nationale Ehre haben, in diesem Punkte einig sind. (Lebhafter Beifall.) *) Abgeordneter Oenke (II. S. P.). ri