— 15 — dem Kaiser u. a. die Ausfertigung der Reichsgesetze zu. Hieraus folgert er, daß eine Pflicht des Kaisers bestanden habe, das ver— fassungsmäßige Zustandekommen der Gesetze zu prüfen. Er habe sich nicht darauf beschränken dürfen, festzustellen, ob ein Bescheid des Vorsitzenden des Bundesrats vorliege, daß es zu einem gültigen Beschluß gekommen sei, ihm habe es vielmehr ob gelegen, sämtliche Voraussetzungen des Zustandekommens des Beschlusses im einzelnen zu prüfen, wozu er ja durch die dienstliche Unterordnung des Vorsitzenden im Bundesrate im- stande ge. vesen sei. Habe also ein fertiger Bundesratsbeschluß vorgelegen, so habe sich die Prüfung auch auf die Legitimationen der Bundesratsbevollmächtigten ersireckt; bevor aber dieser Beschluß zur Promulgation und Publikation an den Kaiser gelangte, habe er allerdings weder ein Recht noch eine Pflicht zu prüfen gehabt. Diese von Vogels vertretene Ansicht ist m. E. nicht richtig. Schon ein Prüfungsrecht oder eine Prüfungs- pflicht des Kaisers in Bezug auf das verfassungsmäßige Zu- standekommen eines Gesetzes ist stark bestritten, vor allem von v. Seydel und von Rosenberg:). v. Seydel stellt fest, daß Ausfertigung nur bedeute, daß die Reichsgesetze unter der Unterschrift des Kaisers ergingen. Rosenberg weist vor allem darouf hin, daß nach Beanstandung der Bundescatsbeschlüsse durch den Kaiser die Angelegenheit gemäß Art. 7 Ziffer 3 RV. dem Bundesrat zur Entscheidung vocgelegt werden mußte. Dieser hätte danach also über die Gesetzmäßigkeit seiner eigenen Beschlüsse die Entscheidung treffen müssen! Nach einer Ansicht Hubrichss) hatte der Kaiser bei der ihm obliegenden „Aus- fertigung“ des Reichsgesetzes zwar Recht und Pflicht, die Be- schlüsse von Reichstag und Bundesrat in formeller und mate- rieller Hinsicht nachzuprüfen, aber in formeller Hinsicht mupte er grundsätzlich die Angaben der Vocsitzenden des Reichstags 1) v. Seydel, Komm. S. 173/174. Rosenberg S. 33/34. Entgegen- gesetzter Ansicht besonders von Rönne, Deutsch. Staatsrecht S. 299, Laband S. 498, 524. 2) Hubrich S. 703.