— 17 — Prüfungsrechtes des Reichskanzlers weisen darauf hin, daß ebenso wie dem Kaiser dem Reichskanzler nur diejenigen Rechte zustanden, die ihm durch die Verfassung oder durch die Ge- schäftsordnung ausdrücklich delegiert waren. Keines von beiden habe aber irgend eine Bestimmung über die Legiti- mationsprüsung aufgewiesen. Die Anhänger des Prüfungs rechtes des Reichskanzlers dagegen stützen sich, und m. E. mit Recht, auf Art. 15 RV., welcher besagte, daß dem Reichskanzler der Vocsitz im Bundesrat und voc allem „die Leitung der Geschäfte“ zustand. Vogels wendet hiergegen ein, daß die Aus- drücke sehr weit gefaßt seien. Konkretere Bestimmungen fänden sich nirgends. Die obigen gänzlich unbestimmten Ausdrücke umfaßten doch zweifellos nicht alle Rechte, die man mehr oder weniger willkürlich in sie hineinlegte. Nur diejenigen Rechte hätten als feststehend gelten können, die sich unmittelbar aus dem Vorsitz oder dem Leitungsrechte des Kanzlers ergaben, wie zum Beispiel die Leitung, Eröffnung und Schließung der Verbandlungen. Im ubrigen hätten sie sich doch nur aus kon- kreteren Bestimmungen der Geschäftsordnung ergeben, die aber ja über das Prüfungsrecht schwieg. Vogels und die anderen Gegner des Prüfungsrechtes des Feeichskanzlers ver- gessen aber ganz, daß doch eine Instanz vorhanden sein mußte, die z. B. bei dem Zusammentreten des Bundesrates zu einer neuen Session die Legitimation der Mitglieder nötiger falls prüfen konnte! Sonst bestand doch die Gefahr, daß eine An- zahl gänzlich unbefugter Leute sich einfach als Bundesrat etablierte! Daher hatte m. E. der Reichskanzler, sobald der Verdacht einer allgemeinen Fälschung vorlag, das Recht, die Legitimation der zu einer neuen Session Erschienenen zu prüfen, und gerade der Reichskanzler deshalb, weil ihm eben laut Art. 15 RV. der Vorsitz und die Leitung der Geschäfte im Bundesrat zustand! 2