— 29 — einer formell ordnungsmäßigen Urkunde die Führung der Stimmen übertragen worden war, erstreckte sich die Legiti— mationsprüfung vor allem auch auf die das Mandat des be— treffenden Abgeordneten begründenden vielseitigen Vorgänge der Wahl. Die letztere war daher, wie im folgenden ausgeführt werden wird, ungleich umfangreicher und langwieriger. Der Art. 27 der RV. besagte: „Der Reichstag prüft die Legitimation seiner Mitglieder und entscheidet darüber.“ Die gesamte Prüfung zerfiel also im Reichstage zunächst in zwei scharf von einander zu sondernde Tätigkeiten, die hier die Legitimationsprüfung im engeren Sinne und die Wahl- prüfung genannt werden sollen!). Mit verschwindenden Aus- nahmen.) ist diese Unterscheidung in der Literatur über diese Frage nicht gemacht worden, trotzdem der Reichstag selbst diesen Unterschied erkannt und eine Trennung vorgenommen hats). Noch in der Geschäftsordnung von 1868 waren aller- dings diese beiden Tätigkeiten nicht scharf gesondert. Dies geschah erst in der Sitzung vom 26. Januar 1876 dadurch, daß den Abteilungen die Vorprüfung der Wahl abgenommen und diese einer besonderen Wahlprüfungskommission übertragen wurde, so daß also den Abteilungen nur noch die Legitimations- prüfung im engeren Sinne verblieb. B. Die Tegitimationsprüfung im engeren Sinne. 1. Das Verfahren. Die Legitimationsprüfung im engeren Sinne war weiter nichts als ein Beurkundungsakt, durch welchen festgestellt wurde, daß derjenige, welcher sich im Reichstag mit einer for- mellen Bescheinigung richtiger Wahl einstellte, die Eigenschaften der Wählbarkeit dauernd besaß und daß nicht in seiner Person irgend ein sonstiger Grund eingetreten war, den man in der 1) äbnlich Leser S. 132. 2) z. B. Jellinek, S. 168ff. 3) Vgl. biermit Hatschek S. 491ff.