— 53 — Bei der Stimmenberechnung werden kaum schwer zu entscheidenden Fragen entstanden sein. 2. Die Wahldelikte. Eine große Praxis hat der Reichstag seit seinem Bestehen in Bezug auf die sogenannten parlamentarischen Wahldelikte gehabt und bei diesen Gelegenheiten teilweise widerstreitende Entscheidungen getroffen. Im folgenden seien die haupt- sächlichsten Wahldelikte kurz erwähnt#9. Als wichtigstes Delikt kam zunächst die amtliche Wahl- beeinflussung in Betracht. Von der naiven Auffassung, in Anbetracht des geheimen Vorganges der Wahl sei eine Beein- flussung nicht denkbar, ist man bald abgekehrt. — Die Delikte mußten unter Zuhilfenahme des Amtscharakters begangen worden sein. Die Mittel waren: Wahlaufrufe zu Gunsten eines bestimmten Kandidaten, Auftreten in Wählerversamm- lungen, Stimmzettelverteilung durch untergeordnete Beamte, Androhung oon Nachteilen oder Versprechen von Vorteilen. — Wurden staatliche und kommunale Beamte in derartigem Umfange zu Gunsten eines bestimmten Kanoidaten tätig, daß daraus ein dementsprechender Wunsch der Staatsregierung zu entnehmen war, so bezeichnete die Reichstagspraxis die betreffende Kandidatur als „amtliche Wahlkandidatur“ und stellte das Vorgehen der Behörden in diesem Falle den anderen Wahldelikten gleich. Als unbedingt unzulässiges Wahldelikt erachtete der Reichstag auch die Beeinflussung von Kanzel und Beichtstuhl. — Wahlbeeinflussungen von privater Seite, z. B. vom Arbeit- geber her, wurden nur dann als Delikte angesehen, wenn gleichzeitig eine Verletzung des Wahlgeheimnisses vorlag. Dies felbaft zu erkennen ist. 6. Stimmzettel, welche auf eine nicht wählbare Person lauten. 7. Stimmzettel, welche eine Verwahrung oder einen Vorbehalt gegenüber dem Gewählten entbalten. 1) Vgl. bierzu Hatschek, S. 550ff.