- 1 — europäischen Völker entspricht aber dieser Titel nur mehr selten völlig dem rechtlichen Charakter der staatlichen Stellung seines Trägers. So haben wir auch in den Staatssystemen der Verfassungen des Deutschen Reichs von 1849 und 1871 einen „Kaiser“, aber das Wesen wahrer kaiserlicher Gewalt ist in der Summe der kaiserlichen Rechte hier wie dort nicht enthalten. Denn der Kaisertitel als der höchste, den der Sprachgebrauch für den Inhaber staatlicher Gewalt kennt, ist eigentlich nur dann wahrhaft be- rechtigt, wenn sein Träger wenigstens im nationalen Staate eine monarchische Gewalt repräsentiert. Eine solche stellt aber, wie unten darzulegen sein wird, weder das Kaisertum der geltenden Reichs- verfassung noch das der Paulskirche dar. Im übrigen besteht ein wichtiger Unterschied zwischen dem Kaisertitel von 1849 und dem von 1811. Art. 11 der geltenden Reichsverfassung spricht vom „Deutschen Kaiser“, während $ 70 der Frankfurter Verfassung dem „Reichsoberhaupt* den Titel „Kaiser der’ Deutschen“ gibt. Man hat behauptet, dass die Titelform im geltenden Reichsstaatsrecht juristisch irrelevant sei®). Dem ist nicht zuzustimmen. Denn m. E. weist eine Form des Kaisertitels wie die der Frankfurter Verfassung unzweideutig hin auf ein Untertanenverhältnis „der Deutschen“ gegenüber dem Kaiser”). Dagegen lässt die Bezeichnung „Deutscher 6) Herm. Schulze, Lehrbuch des Deutschen. Staats- rechts, Bd. II, Leipzig 1886, S. 41. Anders mit Recht von Held, Das Kaisertum als Rechtshegriff. Würzburg 1879. S. 32 Anm. 4. t) In den Verhandlungen der Paulskirche ist der $ 70 der Verf. in beiden Lesungen nicht diskutiert worden. Man pflegte allerdings damals allgemein in dem Titel „Kaiser der Deutschen“ den Ausdruck der Volkssouveränität zu finden, eine Auffassung, die auch dem Titel „empereur des Francais“ zugrunde lag.