34 Vermittelung vor allem zusiel. Straßburg ist der Schlüssel zu Deutschland“, sagte Fürst Bismarck. Der Satz hat seine Wahrheit auch auf geistigem Gebiete. Schon früh war das Elsaß die offene Pforte, durch welche fremde Bildung in Deutschland eindrang. *Unter Karl dem Großen wurden am Mittel- und Oberkhein die ersten Versuche angestellt, die litterarischen Hauptartikel des Christenthums den Deutschen zugänglich zu machen. Lateinisch- deutsche Wörterbücher zur Bibel, wortgetreue Uebersetzungen der Kirchenlieder und der kirchlichen Formeln, des Vaterunsers, des Glaubens sowie der christlichen Moralbegriffe entstanden, wie es In Weißenburg hat auch der Mönch O tfrid sein Evangelien- buch gedichtet und im Jahre 867 oder 868, vor nunmehr tausend Jahren, vollendet. Armer Mönch! Wie mag es in deiner Seele ausgesehen haben, wie liefen da Einheimisches und Fremdes streitend gegen einander, wie mühst du dich ab um eine unlösbare Aufgabe, wie sind deine schönen dichterischen Anlagen entstellt durch deine gelehrte Bildung, durch deine gelehrten Absichten! Deine geläufige schönredende Zunge scheint zu lallen. Die Musik deiner fließenden Verse ertönt unge- nossen vor unserm Ohr, wo nicht deine herzliche Empfindung wie ein verlorner Strahl durch das Dunkel bricht. Patriotismus hatte Otfrid an die Arbeit getrieben. Jener nationale Wetteifer führte ihm die Feder, der in Deutschland so vielfach litterarische Fortschritte auf fremden Bahnen begünstigt hat. Der christliche Dichterruhm der Griechen und Römer ließ ihn nicht schlafen. „Die Deutschen stehen keinem Volke nach an Tapferkeit — sagt er — sie sind so kühn wie die Römer und auch die Griechen thun es ihnen nicht zuvor. Sie sind fleißig und arbeitsam in ihrem Lande, beharrlich in allem Guten, behend sich gegen Feinde zu vertheidigen. Kein Nachbarvolk entgeht ihnen, und bis zum Meere hin hat man vor ihnen Furcht. Kein Volk wagt es, wider sie zu kämpfen, mit Schwert und scharfem Speer haben sie sich