124 dem Stadtrath von Straßburg zugekommen. Noch ängstlicher blickten Grundherren und Klöster in die Zukunft. In diesem Augenblicke traf nun die kirchliche Bewegung, welche von Wittenberg ausging, zündend mit den sozialen Forderungen der Proßen Massen zusammen. In allen den südlichen und westlichen Ländern Deutschlands, wo der gemeine Mann seit Jahren dumpfen Haß gegen die herrschenden Klassen brütete, legte das Evangelium einen gefährlichen Keim in den von wildesten Leidenschaften bereits vollständig durchwühlten Boden. Wer weiß nicht, welche Roth die frammen Kämpfer der Reform mit den Schwärmern, den Schwarm- geistern, hatten, die sich an ihre Sätze so wenig, wie an die Gebote Roms hielten, die den eigenen individuellen Eingebungen als Offen- barungen Gottes folgten, wie Thomas Münzer, der da sagte, er müßte Gottes spetten, wenn er nicht mit ihm redete, wie mit Abraham und andern Propheten, und der in offener Predigt aufrief zu Thaten der Gewalt. „Sieh zu, sagte er, die Grundsuppe des Wuchers, der Dieberei und Räuberei, das sind unsere Fürsten und Herren, nehmen alle Creaturen zum Eigenthum; die Fische im Wasser, die Vögel in der Luft, das Gewächs auf Erden muß alles ihr sein.“ Als die Bauern im Hegau aufstanden, war Münzer unter ihnen. Eine ebenso eingreifende, gewaltsame Natur war der frühere Pro- fessor zu Ingolstadt Balthasar Hubmaier, aber er war systematischer, wenn man will, doctrinärer als Münzer. Hulmaier hat in der sster- reichischen Stadt Waldshut das Hauptquartier seiner widertäuferischen Lehre aufgeschlagen; politische, soziale und religiöse Fragen waren fortan zu einem unentwirrbaren Knoten geschürzt. Am 1. Jannar 1525 brach auf den Gütern des Abtes von Kempten der Aufstand aus. Zu den Bauern gesellten sich die Bürger der Stadt, das Kloster wurde zerstört und der Abt gefangen, die Mönche vertrieben oder getödtet. So begann die Revolution, die sich an tausend Orten unter den bis in die kleinsten Details ähnlichen Erscheinungen wieder- holt hat. Alle äußeren Umstände dieser Erhebung blieben sich im