76 II. Hilfsdienstgesetz, Ersatz= und Arbeiterfragen schwersten Bedenken wachrufen. Wir würden in unserem wirtschaftlichen Körper, dessen Atmen und Arbeiten nicht restlos durch obrigkeitliche An- ordnungen ersetzt werden kann, eine geradezu lebensgefährliche Störung hervorrufen; wir würden — was auch nicht übersehen werden darf — die Zuversicht der Bevölkerung, die wir zum Siegen brauchen, einer kaum tragbaren Belastung unterwerfen; wir würden schließlich die ohnedies stark gelichteten Kaders völlig vernichten, die wir für den Wiederaufbau und den Fortbestand unseres Wirtschaftslebens nach dem Friedensschlusse nicht entbehren können. gez. v. Bethmann Hollweg. 5. Chef des Generalstabes des Feldheeres. Gr. H. Qu., den 5. 10. 1916. II/Ie Nr. 34 647 op. II Ang. An das Kriegsminislerium. Anliegend übersende ich Abschrift der Antwort des Herrn Reichskanz- lers auf mein Schreiben vom 13. 9. 1916 II Nr. 34 647. Die Antwort hat meine Anschauungen nicht entkräften können. Für besonders dringlich halte ich die Aufhebung der Freizügigkeit für die Ar- beiter der Kriegsindustrie und eine allgemeine Erweiterung des Kriegs- leistungsgesetzes. Es gibt meines Erachtens eine Fülle verborgener Kräfte, die der Gesamtheit bislang wenig oder gar nichts genützt haben. Für eine baldige Antwort des Kriegsministeriums auf mein Schreiben vom 13. 9. 1916 II Nr. 34 647 wäre ich dankbar. Dabei bitte ich auch auf folgende Punkte des Schreibens des Herrn Reichskanzlers einzugehen: 1. Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, um Arbeitskräfte in weit- gehendem Maße aus der nicht für Kriegszwecke arbeitenden Industrie und aus anderen Betrieben frei zu machen. 2. Ausbildung der Kriegsbeschädigten zur Verwendung in der In- dustrie und Landwirtschaft. Ihre Abkommandierung in solche Betriebe. 3. Welche Folgen entstehen für den Arbeitermarkt: aus Erhöhung der Altersgrenze für die Dienstpflicht und Landsturmpflicht auf 50 Jahre, aus der Ausbildung der Jugendlichen und aus den Maßregeln zur Ge- sundung der Untauglichen. 4. Würde die Ausdehnung des Kriegsleistungsgesetzes auf den Ar- beitszwang ein erheblich größeres Ergebnis zeitigen, als es ohne Anwen- dung solcher Zwangsmaßnahmen möglich ist? 5. Maßnahmen, um die Unternehmer zur vermehrten Einstellung weiblicher Arbeiter zu veranlassen. I. A.: gez. Ludendorff.