204 VIII. Stickstoff 1. Chef des Generalstabes des Feldheeres. Gr. H. Qu., den 20. 9. 1916. II Nr. 35 420 op. An den Reichskanzler. Die von mir in meinem Schreiben vom 31. 8. 1916 Nr. 33 825 op. geforderte Erhöhung der Munitionsfertigung wird es mit sich bringen, daß, wenn nicht sofort umfassende Maßnahmen getroffen werden, die Ab- gabe von Stickstoff für die Landwirtschaft auf ein Mindestmaß für das Jahr 1917 herabsinkt. Die Folgen können, nachdem dem Boden nunmehr zwei Jahre hindurch Stickstoff ohne ausreichenden Ersatz entzogen ist, ver- heerend sein. Nachstehende Übersicht gibt einen ungefähren Überblick der Stick- stofflage: Das in Ausführung genommene neue Pulverprogramm, das 14 000 Tonnen Treibpulver monatlich vorsieht, verlangt monatlich 20 0O00 Tonnen Stickstoff. Erzeugt werden zur Zeit monatlich im Lande 8000 Tonnen in Kokereien, 5000 Tonnen bei Badischer Anilin= und Sodafabrik, 4700 Ton- nen in Form von Kalkstickstoff. Vermehrung der Leistung ist bei den Kokereien ausgeschlossen. Eine Neuanlage der Badischen Anilin= und Sodafabrik für 2500 Tonnen monatlich ist im Bau, eine Kalkstickstoffver- mehrung auf 6500 Tonnen ist im Gang. Dies gibt eine Summe von 8000 + 7500 + 6500 Tonnen —= 22 000 Tonnen. Es bleiben also für die Landwirtschaft in zwölf Monaten nur 24 000 Tonnen, statt im Frieden jährlich verwendeter 200 000 Tonnen verfügbar. Unbedingtes Erfordernis ist daher, sofort mindestens 6000 Tonnen Monatsproduktion neu in Auftrag zu geben. Auch dann würden erst 50 4% des Bedarfs der Landwirtschaft gedeckt werden. Nach Ausführungszeit und Arbeitsbedarf erscheint das Verfahren der Anilinfabrik als das zweck- mäßigste. Ich gestatte mir, Euer Exzellenz Augenmerk auf diese wichtige Frage zu lenken, und schlage ergebenst vor, die beteiligten Stellen, das Ministe- rium für Landwirtschaft, das K. M. bzw. K. R. A. und das Reichsschatzamt mit weitgehendster Vollmacht zu versehen und auf Beschleunigung hin- zuwirken. Die genannten Stellen haben Abschrift erhalten. gez. v. Hindenburg.