Erweiterung der Stickstoffwerke Merseburg 205 2. Chef des Generalstabes des Feldheeres. 27. 8. 1917. II. Nr. 62 693 op. Telegramm an das Reichsschatzamt. Das Reichsschatzamt hat mir Abschrift seines Schreibens vom 11. 8. Nr. IV. 2289, betr. Vergrößerung der Merseburger Stickstoffanlagen, ge- sandt. Ebenso habe ich Kenntnis vom Schreiben des Reichsstickstoffkom- missars vom 11. 8., das die gleiche Angelegenheit berührt. Mir scheint augenblicklich das Wichtigste in der ganzen Stickstoffrage, daß das Reich bald mit der Badischen Anilin= und Sodafabrik zu einem Abkommen gelangt. Dann verfügt das Reich über den billigsten Stickstoff und gleichzeitig über mindestens 50 % der gesamten Stickstofferzeugung. gez. Ludendorff. 3. Chef des Generalstabes des Feldheeres. Gr. H. Qu., den 10. 12. 1917. II Nr. 72 679 op. An den Slaatssekretär des Reichsschatzamtes. Auf Grund der am 30. 11. im Kriegsamt stattgehabten Besprechung über die Erweiterung der Stickstoffwerke Merseburg sehe ich mich ver- anlaßt, meine Stellungnahme erneut festzulegen. Es ist dabei zu unterscheiden, wie sich die Stickstofflage darstellt: a) wenn der Krieg noch länger, d. h. in das Jahr 1919 hinein, dauert, b) wenn er in absehbarer Zeit zu Ende geht. Iu a) Der Fall, daß der Krieg, mindestens der Wirtschaftskrieg, in das Jahr 1919 hineindauert, ist durchaus möglich. Dann besteht, nament- lich wenn die Munitionsherstellung auf die Höhe des 14 000 000 kg= Pul- verprogramms gebracht wird, ein dauernder und sehr schwerer Mangel an Stickstoff für die Landwirtschaft, auch wenn die jetzigen Erweiterungs- bauten in Merseburg zum Frühjahr fertig werden und wenn Oppau dauernd voll liefern kann. Ein Nachlassen an meiner Forderung von 14 000 000 kg Pulver ist ausgeschlossen. Anderseits ist mit der Wahr- scheinlichkeit, daß Oppau im Laufe des Jahres 1918 das Opfer starker Fliegerangriffe wird, und daß dadurch seine Produktion, mindestens zeit- und teilweise, sich mindert, unbedingt zu rechnen. Dann sinkt das für die Landwirtschaft verfügbare Stickstoffouantum unter Umständen auf Null, ja es kann kommen, daß sogar das Pulverprogramm leidet. Unter diesem Gesichtspunkt ist also die Erweiterung von Merseburg um 70 000 Tonnen Produktion dringend.