Graf Czernin über Friedensmöglichkeiten in seiner Rede vom 11. Dez. 1918 447 könnte, wenn der unseligen Miesmacherstimmung in der Heimat Einhalt geboten würde. Da Eure Exzellenz in dem Briefwechsel mit Herrn Scheidemann selber verlangen, vor einen Staatsgerichtshof gestellt zu werden, so halte ich mich für verpflichtet, meine Zeugenschaft zu diesen Punkten Euer Exzellenz hier- durch als ehrlicher deutscher Mann anzubieten. Auch sonst können Eure Exzellenz von diesen Mitteilungen jeden beliebigen Gebrauch machen. Mit dem Ausdrucke meiner unwandelbaren Verehrung und Treue verbleibe ich gez. Brockmann, Rechtsanwalt. 14. Aus der Rede des Grafen Czernin vom 11. Dezember 1918: . und zweitens möchte ich vorgreifend bemerken, daß wir niemals ein Friedensangebot von der Entente erhalten haben. Es haben ver- schiedene Male Fühlungnahmen zwischen unseren und Vertretern der Entente stattgefunden, aber diese Fühlungnahmen haben sich niemals zu konkreten Bedingungen verdichtet. Wir hatten öfters den Eindruck, daß wir imstande seien, einen Separatfrieden ohne Deutschland schließen zu können. Niemals wurde uns vor allem erklärt, daß Deutschland seinen vorkriegerischen Besitz- stand werde behalten können Dadurch, daß die Entente immer erklärte, sie wolle Deutschland vernichten, zwang sie uns gewaltsam den Verteidigungskrieg für Deutschland auf. Ein Separatfrieden war eine physische Unmöglichkeit Und trotz dieser Abhängigkeit blieb der einzige Weg, zum Frieden zu gelangen, der, Deutschland in unser politisches Geleise zu bringen, d. h. Deutschland zu bewegen, einen Frieden mit Opfern zu schließen. Immer war die Situation nur die, daß wir in einem denkbar günstigen militärischen Momente einen Frieden hätten vor- schlagen können, der, mit bedeutenden Opfern verbunden, vielleicht die Hoffnung gehabt hätte, von den Feinden angenommen zu werden. JIch glaube übrigens, daß es einen einzigen Moment in der Geschichte dieses Krieges gegeben hat, in dem eine solche Demarche wirklich sehr hoffnungsvoll war, das war nach der berühmten Schlacht von Gorlice (2. Mai 1915) Nachtrag zu Abschnitt XIX (s. Anmerkung S. 440): Staatssekretär v. Kühlmann erklärte am 13. Dezember 1920 auf die Frage, ob wir bereit gewesen seien, auf Belgien zu ver Achten „Der Neutrale war berechtigt zu erklären, daß im Falle der Anerkennung der Souveränität und Integrität Deutschlands und seiner Verbündeten wir auch die Souveränität und Integrität Belgiens als Ver- handlungsgrundlage akzeptieren."“ Er erklärte serner, daß sich der Kaiser den Reserven der O. H. L. in seinem Schluß- wort nicht angeschlossen habe und daß der Brief des Reichskanzlers an den Feldmarschall nur ein Stück Privatkorrespondenz gewesen sei. Hiernach hat die pflichtmäßige Stellungnahme der O. H. L. keinerlei Einfluß auf den Gang der Verhandlungen ausgeübt. Der Verfasser.