93 Festen Schrittes geht sie fürder zu Johann's von Lehden Sitz, Kniet und redet sonder Zagen vor des Auges dräu'ndem Blitz: „Wenig Monde find's, da haft du mich zur Königin erwählt, Dir zu Füßen leg' ich nieder, Herr, die Bürde, die mich quält. Dir zu Füßen das Geschmeide, welches deine Hand mir bot, Schwerer drückt's als eh'rne Ketten, wenn die Armen fleh'"'n um Brod. Eins noch mögst du mir gewähren, der du mir so viel verlieh'n: Arm, wie du mich hast gefunden, laß mich, Herr, von dannen zieh'n!“ Schweigend starrt die Tafelrunde, zornig ruft Johann: „Genug! Endlich kommt dein Herz zu Tage, voll von Arglist und Betrug. Wehe, wenn im eig'nen Hause wankt der Treue starker Wall! Mir verlieh der Herr die Rache! Ruft das Volk mit Glockenschall!“ Dumpfe Glockenschläge rufen schreckverzagtes Volk herbei, Bleiche Neugier in den Zügen: was der Klänge Deutung sei? 7 Mit dem Hofsstaat zieht der König wie zu lust'gem Zeitvertreib, In Trabantenmitte wandelt ohne Furcht das schöne Weib. Auf dem Markte kniet sie nieder, schweigend starrt des Volkes Kreis. Und der König spricht: „Bethörte, hört durch mich des Herrn Geheiß: Nicht mit Klagen und Verzagen dient ihm, wenn er zürnend droht, Buße thut für eure Sünden, eh' die Nacht kommt, das ist noth! Wer verstockt und unbußfertig nährt den Hochmuth in der Brust, Den ereilt das Schwert der Rache: so dies Weib voll böser Lust!“ Und die Klinge schwirrt, zur Erde rollt das Haupt. Ein frevler Spott Schallt Gesang der Königinnen: „Ehr' und Ruhm und Preis sei Gott!“ Gisbert von Vincke. 54. Die jülich --clevische Erbschaft. 1614. Zu beiden Seiten des Niederrheins hatten sich im Laufe der Zeiten die Herzogthümer Cleve, Jülich und Berg gebildet. Seit 1521 waren diese Ländchen unter derselben Herrschaft vereint. Im Jahr