— 149 — burg gebracht. Seine hochschwangere Frau sah, wie sich der Pöbel auf der Straße um ihn drängte und ihn mißhandelte. Dadurch ward sie tiefsinnig und erhing sich am 24. Januar 1592 in der Pfarrwohnung zu St. Thomas an einem Bratenwender. Seit dieser Zeit soll nun jedesmal, wenn der dasige Pfarrer sterben soll, zuvor eine weiße Frau sich in dem Hause sehen lassen; namentlich hat man dies in den Jahren 1736—50 bemerken wollen, wo mehrere Geistliche hintereinander starben. 200. Die alte Frau in der Thomasschule. Gräße, Bd. I, Ar. 444; nach Monatliche Unterredungen im Reiche der Geister, Bd. I. S. 697 ff. Früher pflegten die Thomasschüler, wenn sie erkrankten, in den sogenannten roten Turm gebracht zu werden. Einst stieß einem Schüler nun eine heftige rote Ruhr zu und er ward, um seine Mitschüler nicht etwa anzustecken, dorthin in das ge- wöhnliche Krankenhaus gebracht. Er war daselbst in Gesellschaft eines anderen Schülers, welcher am viertägigen Fieber darniederlag. Zu ihrer Bedienung hatten sie eine Wartefrau, welche in demselben Gebäude unter ihnen wohnte, aber wenn sie sie bedient hatte, abging und sie allein ließ. Die andere Nacht nach seinem Dorthinkommen ward jener aber so unruhig, daß er Reines Schlafes teilhaftig werden konnte, sein Schlafgenosse aber war so fest eingeschlafen, daß er ihn auf keine Art erwecken konnte. Die Glocke hatte bereits elf ge- schlagen, da öffnete sich die Stubentür, und eine alte Frau kam hereingetreten, die aber, wie er bei dem hellen Mondschein wohl bemerken konnte, nicht die Aufwärterin war. Sie hatte eine weiße Schleppe, wovon die Flügel unter dem Kinne zusammengebunden waren, auf dem RKopfe, eine Schaube um die Schultern und eine weiße Schürze vorgebunden. In dieser Gestalt kam sie auf das Bett des Schülers geraden Weges los und kam ihm so nahe, daß er ihr blasses gelbes Gesicht nebst ihrer langen Nase deutlich sehen konnte. Der Schüler wußte sich vor Schreck nicht anders zu helfen, als daß er das Bettuch vor die Augen hielt, worauf die Erscheinung zurücktrat, sich an den Nachtstuhl begab und denselben ganz ordent- lich aufmachte. Jener aber nahm den an seinem Bette stehenden