25 Erziehung ihrer Kinder und mit Uebungen der Froͤmmigkeit und des Wohlthuns. Nach dem Tode ihres Gemahls aber zog sie sich auf das einsame Schloß zu Tharand zuruͤck, wo sie in stiller Ruhe und ungeheuchelter Gottesfurcht noch zehn Jahre lang friedlich lebte und wirkte. Sie ist uns nicht allein als Muster der Mutterliebe und vieler anderer Tugenden sehr verehrungswuͤrdig, sondern vorzuͤglich darum, weil sie die Stammmutter unsrer jetzigen geliebten Koͤnigs— familie ist. Denn ihr Enkel war Moritz, welcher vom Kaiser Karl das Kurfuͤrstenthum Sachsen geschenkt bekam, und seit dieser Zeit gehoͤren alle Regenten des Kurfuͤrstenthums und des Koͤnigreichs Sachsen der Albertinischen Linie an. So oft wir den heutigen Tag noch erleben, oder so oft wir die einsamen, letzten Ueberreste des Schlos- ses zu Tharand zu betrachten Gelegenheit haben, wollen wir der ehr— wuͤrdigen Sidonia dankbar gedenken. 2. Februar. Friedrich August II. tritt die Kegierung an. Heute vor hundert und sieben Jahren erfuhr der Kurprinz Fried— rich August den Tod seines koͤniglichen Vaters, August's des Starken, und trat nun unter dem Namen August der Zweite die Regierung an. Wir wollen daher heute sein Jugendleben bis zum Regierungs- antritte kurz betrachten, da sich für Erinnerungen aus seinem Re- gentenleben noch ofter ein schicklicher Platz finden wird. August II., geboren den 7. October 1696, genoß in seinen Kinderjahren selten des Umgangs seiner Mutter und seines Vaters. Der Vater war häu- fig abwesend, die Mutter hatte sich nach Pretsch und Torgau in die Einsamkeit zurückgezogen. Da ward nun der Kronprinz bald in Torgau bei seiner Mutter, bald in Leuchtenburg bei seiner Großmut- ter, bald in Dresden von Lehrern und Esziehern beaufsichtigte. Nachdem er im dreizehnten Jahre das heilige Abendmahl nach pro- testantischer Weise genossen hatte, brachte er seine folgenden Jahre fast immer auf Reisen zu. Nach Polen nahm ihn sein Vater mitz; nach Frankfurt zur Kaiserkrsnung reiste er mit großem Gepränge; in Italien, Frankreich und abermals in Italien verweilte er acht Jahre lang. Allenthalben ward er mit großem Prunk empfangen und mit unaufhörlichen Festen unterhalten, so daß sein Reiseleben zu- gleich ein stetes Freudenleben war. Der König von Frankreich schenkte ihm einen Degen von hundert und funfzigtausend Francs an Werth, und der Großherzog von Toscana einen Tisch für zwanzigtausend Thaler. August schickte einst sechs schwerbeladene Maulthiere nach