230 ihr vorhanden, in welchem sie zu Lichtenburg die Stallfütterung anbefiehlt, einen Gärtner absetzt, den Preis der Wolle und des Wei- nes bestimmt und Rechnungsablegung verlangt. — Im Winter, wo sie mit ihren Kindern nicht auf den Landgütern sein konnte, spann und nähte sie mit ihnen und hielt sie im Hauswesen zur strengsten Reinlichkeit und Ordnung an. — Dabei war sie ihren Unterthanen eine höchst mildthätige, menschenfreundliche Landesmut- ter. Sie sagten oft von ihr, sie hätten mit Mutter Anna einen Beutel, eine Küche, eine Apotheke, weil sie von ihr, wenn sie Je- manden in Noth wußte, Alles, was nöthig war, empfingen. Sie fer- tigte selbst viele Arzneien; sie ließ zur Zeit der Pest Verhaltungsre- geln an den Straßenecken anschlagen; sie sammelte am Hofe Col-- lecten für die Armenz sie bat bei ihrem Gemahl für Bedrängte. Kurz, sie war unermüdet die Wohlthäterin der Hilfsbedürftigen. 2. October. Fortletzung. Das eine so rastlos thätige, umsichtige und vielerfahrne Für- stin, wie Mutter Anna war, sich auch bisweilen in Regierungssachen gemischt und bisweilen versucht habe, auch in Staatsangelegenheiten guten Rath zu ertheilen, läßt sich wohl vermuthen, so wie auch die damaligen Schriftsteller dies deutlich andeuten. Namentlich war sie in den ekryptocalvinistischen Streitigkeiten (siehe den 3. April) wohl gar sehr thätig und verfolgte mit ziemlicher Härte die nicht ganz streng lutherischen Prediger, wogegen sie einem andern Geistlichen, der ihr Wohlgefallen erlangt hatte, einstmals ein wildes Schwein überschickte, das statt der Eingeweide einen Beutel mit tausend Thalern enthielt. Eben so verthat sie auch, bei aller ihrer Sparsam- keit, viel Geld durch Goldmacherei. Doch Theologie und Alchpmie waren nun einmal in jener Zeit die Lieblingsbeschäftigungen hoher Perso- nen. — So lebte und wirkte Mutter Anna sieben und dreißig Jahre hindurch an der Seite ihres geliebten Gemahls. Leider ver- lor sie von ihren funfzehn Kindern elf durch den Tod und behielt nur einen Sohn und drei Töchter am Leben. Im September 1585 verbreitete sich in Dresden eine pestartige Seuche, welcher Vater Tugqust auf Anrathen der Aerzte durch eine Reise nach Coldiß aus- wichz Anna cher blieb zurück und that, wie sonst, den Nothleidenden wohl. Allein auch sie ergriff die Seuche, und sie fühlte gar bald ihr Sterbestündlein nahen. Da ward für die treue Mutter täglich in den Kirchen gebetet; da flehten besonders die armen Kranken zum