— 43 — vermeiden, fügte man dem Taufnamen nach und nach gewisse Bei— namen bei. Sehr oft entlehnte man diese dem Gewerbe, welches eine Person betrieb. Hießen z. B. mehrere Leute Jakob und war der eine ein Schmied, der andere ein Fleischer oder Fischer, so hieß es: Jakob der Schmied, Jakob der Fleischer, Jakob der Fischer. Fiel endlich der Artikel weg, so entstanden die Namen: Jakob Schmied, Jakob Fleischer, Jakob Fischer. Der Name Schmied, Fleischer, Fischer ging nach und nach auch auf deren Söhne über, selbst wenn diese ein anderes Handwerk betrieben, und der anfangs als Beiname ge— wählte Zusatz wurde endlich Familien- oder Eigenname. Bei anderen Leuten gab das Amt Veranlassung zur Entstehung der Eigennamen, z. B. Richter, Schulze; oder das Schild über dem Hause, z. B. Hirsch, Bär, Adler ꝛc.; oder der Geburts- und Wohnort, z. B. Mühlberg, Meißner ꝛc.; oder das Stammland, z. B. Böhme, Sachse, Hesse; oder gewisse Eigenschaften und äußere Merkmale an einer Person, z. B. Fröhlich, Gutmann, Schwarze, Rothe, Weiße, Lange, Kurze. Obgleich die Entstehung dieser Eigennamen 500 Jahre und zum Theil noch älter ist, so wurde der Gebrauch derselben bei bür— gerlichen Personen doch erst vor ungefähr 200 Jahren ganz all— gemein. Weit älter als die Eigennamen bürgerlicher Personen sind die Familiennamen der Edelleute. Diese erhielten ihre Eigennamen meistentheils von den Namen der Schlösser und Burgen, die sie be— wohnten; z. B. Hermann von Hohenstein, Siegfried von Wildenfels ꝛc., welchen Namen die Nachkommen auch dann noch beibehielten, wenn die Burg in andere Hände übergegangen oder schon längst zerstört war. Vor ungefähr 500 Jahren entstanden für viele Unglückliche in verschiedenen Städten unseres Vaterlandes wohlthätige Einrichtungen. Wurde jemand von einer ansteckenden Krankheit, namentlich vom Aus- satze erfaßt,) so mußte er, wie jene zehn Aussätzigen im Evangelio, den Umgang mit gesunden Menschen meiden und getrennt von ihnen in der Einsamkeit leben. In eine Kleidung gehüllt, die seinen ganzen Körper bedeckte, mußte er sich hinaus aufs Feld begeben, wo ihm eine Hütte als Wohnung angewiesen war. Außerdem empfing er noch ein an einem langen Stabe befestigtes Gefäß, welches er den Vor- übergehenden mit der Bitte entgegenhielt, ihm irgend eine Gabe zu- kommen zu lassen. Zur Aufnahme dieser unglücklichen Personen er- richtete man in jener Zeit verschiedene Spitäler. Wohlthätig gesinnte Menschen ließen diesen Anstalten allerlei Schenkungen zugehen, so daß man außerdem noch eine Kapelle aufführen und einen Geistlichen anstellen konnte. In vielen Städten findet man jetzt noch ein kleines *) Der Aussatz stammte aus dem Morgenlande und hatte sich damals fast in ganz Europa eingebürgert.