— 56 — Eine Abtheilung der Hussiten wendete sich ins Erzgebirge. Nicht tapfere Krieger, sondern Räuber und Mordbrenner zogen dahin und hausten in diesem Theile unseres unglücklichen Vaterlandes wie wilde Thiere. Die Städte Schlettau, Elterlein und Grünhain, sowie eine Anzahl Dörfer gingen in Flammen auf. Aus diesen Gegenden war jede Spur von Glück und Wohlstand geschwunden. Tod und Verderben, Feuer und Schwert hatten alles vernichtet. Nach Thaten solcher Art kehrten endlich die Hussiten wieder in das Böhmer— land zurück. Kaum hatten sich die unglücklichen Sachsen von ihrem Schrecken etwas erholt, da brach neues und noch größeres Elend über ihr Land herein. Im nächsten Jahre, 1430, drangen nämlich mehr als 50 000 Hussiten zum zweiten Male in Sachsen ein. Diesmal über- stiegen die angerichteten Greuel und Verwüstungen alle Vorstellung. Nachdem die Elbgegend von Pirna bis Dresden abermals verwüstet, Schlösser und Kirchen eingeäschert und Tausende von Menschen er- schlagen worden waren, verließen die Räuber die Elbgegend, wen- deten sich der Freiberger Mulde und dann der Leipziger Ge- gend zu. Auf diesem Zuge wurden die Städte Döbeln, Colditz, Grimma, ÖOschatz und die umliegenden Dörfer zerstört. Nachdem die Hussiten in der Stadt Altenburg gewüthet hatten, suchten sie das Voigtland heim. Welch unbeschreibliches Elend ver- breiteten die Rasenden auf ihrem Zuge dahin! Waldenburg, Glauchau, Crimmitschau, Werdau, Reichenbach, Auerbach, Plauen, Oelsnitz und eine große Menge anderer Ortschaften gingen in Feuer auf. Unglückliche Gegenden! Was durch unermüd- liche Sorge treuer Fürsten und durch die Thätigkeit fleißiger Ein- wohner allmählich zum Wohlstand des Landes erblüht war — das vernichteten wilde Räuberhorden oft in wenig Tagen, ja in wenig Stunden! Hätte Friedrich der Streitbare in seiner stillen Ruhe- kammer im Dome zu Meißen ahnen können, welch eine Wüstenei aus seinem schönen Sachsenlande geworden, er würde die Fesseln seines Sarges gesprengt und seine Lenden aufs neue mit seinem Schwerte zur Vertreibung der Räuber umgürtet haben! Noch einmal wurde unser unglückliches Vaterland von den Hussiten heimgesucht. Es geschah dies im Jahre 1432. Abermals erstreckten sich die Verheerungen auf die Leipziger Gegend. Bei Taucha stand ein sächsisches Heer den Hussiten gegenüber. Leider blieben letztere wiederum Sieger und steckten hierauf Taucha in Brand. Neues Elend drohte abermals dem ganzen Lande. Um dieses abzuwenden, zahlte der Kurfürst Friedrich der Sanft- müthige den Siegern 9000 Dukaten, und diese gaben ihm das Versprechen, in den nächsten zwei Jahren nicht wieder in Sachsen einzufallen.