— 63 — Küchenjungen in kurfürstliche Dienste zu bringen. Bis jetzt war dem abscheulichen Plane alles günstig und Kunz hielt den Zeitpunkt zur Ausführung desselben für sehr nahe. Um zu rechter Stunde gleich bei der Hand sein zu können, begab er sich in aller Stille zu einem seiner Freunde auf das Schloß Kohren. Am 5. Juli 1455 erhielt er von dem Küchenjungen Schwalbe einen Brief, der nach dem jetzigen Deutsch also lautete: „Meinen willigen Dienst sammt allem Lieben und Guten zuvor. Ehrbarer, strenger, lieber Junker! Da der Kurfürst fest beschlossen hat, morgen Sonntags nach der Frühmesse mit den meisten Hofleuten nach Leipzig zu fahren, auch Montag Abend der Kanzler ein Gastmahl in seinem Hause ausrichten wird, und auf dem Schlosse dazumalen der alte Trabant Asmus allein Dienst hat, welcher zuerst eingeschläfert werden muß, und der Pförtner bettlägerig ist, so kann ich Euch dies nicht bergen, meiner angelobten Treue gemäß Euch zu dienen und Eurer Veranstaltung gewärtig zu sein. Altenburg, am Sonnabend nach Mariä Heimsuchung 1455. Hans Schwalbe.“ Der Brief war adressirt: „Dem ehrbaren, strengen Junker Kunz von Kaufungen auf Kallenberg. Meinem geneigten lieben Junker zu eigenen Händen.“ b) Ausführung des Prinzenraubes. Eine freudigere Nachricht hätte Kunz von seinem bestochenen Helfershelfer nicht erhalten können. Eilboten flogen zu seinen Mit- verschworenen, Leitern aus Leder und Holz wurden gefertigt, und in der Nacht vom 7. zum 8. Juli nach 11 Uhr rückte Kunz aus einem Walde bei Altenburg gegen das Schloß vor. Fast möchte man denken, er habe das Schloß erstürmen wollen, denn die Zahl der Ritter, Knappen und Knechte betrug im Ganzen 37. Um möglichst jedes Geräusch zu vermeiden, hatte er die Hufe der Pferde mit Stroh umwickeln lassen. Zunächst traf man zur Ersteigung der hohen Schloß- mauern die nöthigen Anstalten, und hierbei leistete Schwalbe und der Knappe Schweinitz, der abends ins Schloß geschlichen war, die wichtigsten Dienste. Sie befestigten die Strickleitern an einem Fenster der kurfürstlichen Küche, welche Kunz mit neun Gehilfen sogleich bestieg. Alles ging nach Wunsch. Der wachthabende alte Trabant wurde gefesselt und in ein entlegenes Zimmer gesperrt, außerdem wurde das Schlafgemach der Kurfürstin und ihrer Kammerfrau ver- riegelt, und nun drang Kunz, als früherer Schloßhauptmann mit der Lage der Räume genau bekannt, in das Schlafgemach der Prinzen. Der vierzehnjährige Prinz Ernst erwachte von dem entstandenen Geräusch, und als er den Ritter mit blankem Schwerte erblickte, rief