— 68 — Sturmglocken, Straßen und Wälder belebten sich von Leuten, die den Räubern nachstellten, und so sahen sich diese genöthigt, die Wald— gegenden der Zwickauer Mulde aufzusuchen. Auch hier hielten sie sich nicht sicher und sie mußten ein Versteck ausfindig machen, das sie verbergen konnte. Ein solches fanden sie nicht weit von dem Schlosse Stein an dem rechten Muldenufer; es war dies ein alter, 20 Meter langer Stollen, damals unter dem Namen „Teufelskluft“ bekannt. Anstatt des ersehnten Schlosses Eisenberg mußten die Räuber mit diesem unbequemen Aufenthalt fürlieb nehmen. Am drückendsten waren aber die Beschwerden dieser wilden Zufluchtsstätte für den jungen zarten Prinzen, den überdies noch die Ungewißheit seines Schicksals beängstigte. Waldbeeren und Wurzeln waren seine Nahrung. Drei Tage und drei Nächte waren auf diese Weise vergangen. Die Lage der Räuber wurde immer bedenklicher, und da einer ihrer Knechte endlich mit der Kunde zurückkehrte, daß Kunz von Kaufungen gefangen worden sei, entfiel ihnen vollends der Muth. Ein Holzhauer soll nämlich zu ihrem ausgesendeten Knechte gesagt haben: „Den einen Schelm haben sie erwischt, den anderen Dieb werden sie schon auch noch bekommen, und beide werden ihren verdienten Lohn erhalten."“ Nun dachte man ernstlich an Auslieferung des Prinzen; aber ohne weiteres sollte dies nicht geschehen. War Kunz wirklich gefangen, so harrte ihrer für ihr abscheuliches Verbrechen die schwerste Strafe. Wohl durften sie hoffen, daß der Prinz, sobald sie ihn unversehrt auslieferten, selbst bei dem Kurfürsten für sie um Gnade bitten würde, indes dies genügte ihnen nicht, sie wollten die Zusicherung ihrer Begnadigung schriftlich in den Händen haben. Nach Empfang des Briefes mußte der Amtshauptmann einen schnellen Entschluß fassen. Eine Anfrage bei dem Kurfürsten, was zu thun sei, hielt er nicht für rathsam, da jede Verzögerung dem Leben des Prinzen Gefahr bringen konnte. Er glaubte also ganz im Sinne seines Herrn zu handeln, wenn er Mosen und Schönfels schriebö: „Kraft dieses Briefes wird euch die kurfürstliche Gnade, Sicherung an Leib und Gut und Erlassung aller Strafen versprochen, dafern ihr den Herzog Ernst lebendig und unversehrt einliefert.“ Noch an demselben Tage, und zwar Freitag den 11. Juli, wurde der Prinz auf das Schloß Hartenstein gebracht und, wie die Räuber versprochen, dem Amtshauptmann unversehrt übergeben. Auch das ihnen gegebene Versprechen wurde natürlich gehalten. Prinz Ernst schenkte seinen Räubern ein Pferd und entließ sie mit den Worten: „Nun reitet hin und kommt in meines Vaters Land nicht wieder.“ Von den späteren Schicksalen der begnadigten Räuber weiß man nichts Gewisses. Nach manchen Angaben sollen sie sich unstät im Auslande umhergetrieben, nach anderen Nachrichten sollen sie später begnadigt worden und nach Sachsen zurückgekehrt sein.