Früher zogen geharnischte Ritter mit Panzer, Helm und Schild gegen den Feind aus. Vor ungefähr 400 Jahren legte man diese Kriegsrüstungen allmählich ab. Nach Anwendung des Schießpulvers im Kriege (Seite 35) kam der Feind dem Ritter selten mit dem Schwert auf den Leib, sondern er stand mit einer Schußwaffe in guter Ruh in der Ferne und feuerte die tödtliche Kugel auf seinen Gegner ab. Das Ansehen und die Bedeutung der Ritter ging immer mehr zurück. Die Fürsten ließen besondere Leute im Gebrauche der Schießgewehre einüben und zahlten ihnen im Kriege Sold. Man nannte sie anfangs gewöhnlich Söldner, aus welcher Bezeichnung der Name Soldaten entstand. Um die Städte gegen die Gewalt der Feuerwaffen zu schützen, reichten die gewöhnlichen Stadtmauern nicht mehr aus. Viele Städte, z. B. Freiberg, Pirna, wurden im 15. Jahrhundert mit hohen und starken Festungsmauern und mit Festungsgräben umgeben, welche in der neueren Zeit fast alle wieder niedergerissen und letztere ausgefüllt worden sind. Entstand ein Krieg, so hatten die Bürger gewöhnlich ihre Stadt selbst zu vertheidigen, weshalb sie sich schon in Friedenszeiten im Gebrauche der Waffen üben mußten. Sie errichteten besondere Schießhäuser und es entstand damals das fast noch überall übliche Scheibenschießen, was sich hier und da in Vogelschießen, Stern- schießen 2c. umgewandelt hat. Manchmal zogen die Bürger als Schützen in besonderer Kleidung und mit Musik im festlichen Zuge auf den Schießplatz; ein Gebrauch, der sich seit 400 Jahren an sehr vielen Orten unsers Vaterlandes noch erhalten hat. Jetzt ist Dresden Sachsens größte Stadt. Vor 400 Jahren stand es aber anderen Städten nach. Damals gehörte z. B. Freiberg, namentlich aber Leipzig zu Sachsens ansehnlichsten Städten. Hier blühte hauptsächlich der Handel immer mehr auf. Zu der Oster= und Michaelismesse, die Otto der Reiche gegründet hatte, kam noch eine dritte Messe. Friedrich der Sanftmüthige gründete nämlich im Jahre 1458 die Neujahrsmesse. Ist diese Messe der ungünstigen Jahreszeit wegen niemals von großer Bedeutung geworden, so trug sie doch auch zur Hebung des Handels manches bei, so daß damals Leipzig den wichtigsten Handelsstädten Deutschlands gleichkam. Später erhob sich Leipzig mit zur wichtigsten Meßstadt Europas. Friedrich der Sanftmüthige konnte mit Recht auf sich anwenden, was Vater Jakob zum König Pharao sagte: „Wenig und böse ist die Zeit meines Lebens und langet nicht bis an die Zeit meiner Bäter.“ Als der Kurfürst im Jahre 1455 Leipzig besuchte, erhielt er aus Altenburg die Schreckensnachricht, daß Kunz von Kaufungen seine Söhne geraubt hätte; als er 9 Jahre später (1464) wieder nach Leipzig kam, sollte sich diesmal von hier aus eine andere Trauer- kunde verbreiten. Der edle Kurfürst schloß nach kurzem Krankenlager