— 95 — gegen den Feind geführt zu werden verlangten, denn ihr Anführer war nach ihrer Meinung ein Gesandter Gottes. Zu allen Zeiten Haben einzelne Menschen den Namen Gottes gemißbraucht, um sich zu nützen und andere zu täuschen! — Schwer nur konnten sich die Fürsten entschließen, ihr Schwert gegen ihre eigenen Unterthanen, zu richten. Um Menschenblut zu schonen, wollten sie noch einmal den Weg der Güte einschlagen. Zwei Gesandte wurden in das Lager der Bauern entsendet, die ihnen Verzeihung anboten, sobald sie die Rädelsführer auslieferten, aber man predigte tauben Ohren. Münzer achtete nicht einmal die von allen Völkern heilig gehaltene Pflicht, die Abgesandten im Kriege unangefochten zu empfangen und unangefochten wieder abziehen zu lassen. Der eine Gesandte wurde gefangen genommen und den andern ließ er von seinen Bauern umzingeln und ihn mit ihren Lanzen todtstechen. Dieser Frevel war zu empörend. Die Nachsicht der Fürsten ging zu Ende. Die Schlacht begann. Münzer kommandirte eben- falls zum Angriff. Kampflustig drangen die Bauern vorwärts, aber ganze Reihen wurden von den feindlichen Kugeln zu Boden gestreckt. Anfangs entmuthigte dies die Bauern nicht, belebte sie doch die thörichte Hoffnung, ihre gefallenen Kameraden würden gar bald wieder aufstehen, mit neuer frischer Kraft in den Reihen erscheinen und den Kampf fortsetzen. Ihre Enttäuschung war eine bittere, was todt war, blieb todt, und eben so wenig sahen sie, daß ihr Prophet die Kugeln in seinem Mantel auffing. Da umklammerte Verzweiflung ihr Herz wie ein Alp. In wilder Flucht stoben sie aus einander und wer fliehen konnte, floh. Die feindlichen Reiter eilten den Fliehenden nach und hieben nieder, wen das Schwert erreichte. Einer der ersten, der das Schlachtfeld verließ, war der Lügen- prophet Münzer. Von Angst ergriffen, eilte der prahlerische Feldherr nach Frankenhausen, versteckte sich hier auf einen Oberboden, kroch in ein Bett, band ein großes Tuch um den Kopf und gab sich für einen Fieberkranken aus, der von Allem, was vorgefallen war, kein Wort wisse. Am andern Tage durchsuchte ein Soldat das Haus und fand auf dem Oberboden, wie er anfangs glaubte, einen schweren Kranken. Neben der Lagerstätte entdeckte er ganz zufällig verschiedene Papiere, die er durchsuchte und die ihn vermuthen ließen, daß der angebliche Patient Thomas Münzer sei. Dies war ein wichtiger Fang. Augenblicklich nahm er ihn fest und überlieferte ihn den Fürsten. Sogleich fällten diese über ihn die mit Recht verdiente Todesstrafe, ließen ihn aber nach damaliger Sitte vorher auf die Folter spannen, damit er die anderen Rädelsführer, die etwa mit ihm in Verbindung ständen, nennen möchte. Münzer gestand nichts, sondern rief in seiner Angst nur wiederholt: „O wehl! O weh!“ Da antwortete ihm Herzog Georg von Sachsen: „Thomas, thut dir dieses weh, so