— 102 — abgewiesen. Mit größter Aufmerksamkeit vernahm der Herzog das Anliegen und ließ mit der Entscheidung gar nicht lange warten, ja in vielen Fällen gab er dieselbe augenblicklich. Mit Wissen und Willen wollte er niemand unrecht thun. Von seiner Gerechtigkeits- liebe legte er z. B. im Jahre 1521 auf dem Reichstage zu Worms öffentlich ein Zeugniß ab, das ihn für alle Zeiten ehrt. Dort wollte man Kaiser Karl V. bereden, Luther das versprochene sichere Geleit nicht zu halten, sondern ihn gefangen nehmen zu lassen. Nicht blos Kaiser Karl wies diese ihm gemachte Zumuthung entschieden zurück, sondern auch der Herzog erklärte sich frei und öffentlich dagegen, obgleich er, wie wir später sehen werden, Luthers Feind war. Er sagte: „Die deutschen Fürsten können diese Schmach nimmermehr auf sich kommen lassen, daß sie Treue und Glauben brechen sollten; dies würde den alten deutschen Sitten gar nicht gemäß sein, sondern was man versprochen habe, müsse man halten.“ So war es recht; so denkt und handelt ein ehrlicher Mann. Außerdem zierten diesen Fürsten noch andere Tugenden. Er wußte recht gut, daß jemand viel einnehmen und doch dabei nichts haben könne, sobald Ordnung und Sparsamkeit fehle. Er empfahl daher Sparsamkeit nicht blos mit Worten, sondern er zeigte sie auch in seinem eigenen Beispiele. Seine Kinder liebte er herzlich, und wenn es seine Zeit gestattete, sah man ihn oft in ihrer Mitte. Als seine Gattin Barbara, eine polnische Prinzessin (1532) starb, war er über diesen Verlust aufs tiefste ergriffen. Als äußeres Zeichen seiner Trauer ließ sich Georg seit dieser Zeit seinen Bart wachsen, wes- halb er den Beinamen „der Bärtige“ erhielt. b) Ursachen, warum Herzog Georg ein Feind der Reformation war. Georg, ein in vieler Hinsicht ausgezeichneter und ehrenwerther Fürst, blieb bis an sein Ende ein Feind Luthers und wollte nichts von seiner Kirchenreformation wissen; ja noch mehr, er bot alles auf, die Reformation von seinem Lande fern zu alten und verhing über diejenigen seiner Unterthanen, welche das reine Wort Gottes an- nahmen, die härtesten Verfolgungen. Wie war dies aber möglich? Wie konnte Georg gerecht sein und doch zugleich diejenigen verfolgen, welche die heilige Schrift höher stellten, als die Vorschriften des Papstes? Wir werden sehen, daß Georg nicht aus Herrschsucht also verfuhr, sondern aus Unwissenheit; er glaubte Gott damit einen Dienst zu thun und meinte, für das Seelenheil seiner Unterthanen nicht besser sorgen zu können, als wenn er dieselben bei dem katholischen Glauben erhalte. Er sah zwar recht gut ein, daß in der katholischen Kirche vieles verbessert werden müsse, und daß dies recht bald geschehen möchte, wünschte er auch