— 108 — Art waren, daß einige nicht unerwähnt bleiben können. Beim Aus- gehen konnte man ihn augenblicklich an seiner Begleitung erkennen. Diese bestand regelmäßig in einer großen Dogge und in einem kleinen Mohr. Odbgleich er keinen einzigen Menschen zu fürchten hatte und auch niemanden fürchtete, führte er doch immer einen Dolch bei sich und an seiner Linken hing fast immer ein großes, schweres Schwert, das er selbst dann nicht ablegte, als sein Körper im Alter kraftlos wurde. Außerordentliche Freude hatte er ferner, so friedliebend er auch war, an ungeheuer großen Kanonen, welche man ihm nicht um- fänglich genug drehen konnte. Kam ein derartiges Geschütz an, so gab er ihm den sonderbarsten Namen und ließ es mit allerhand Teufels- gestalten und dergleichen bemalen. Diesen seinen Lieblingen stattete er oft einen Besuch ab, besah sich dieselben von allen Seiten und be- merkte er irgendwo ein Stäubchen, so wischte er es selbst mit seinem Mantel sorgfältig ab. Ebenso war Heinrich ein leidenschaftlicher Liebhaber schöner großer Pferde. So einfach er in seinem Wolfspelze einherging, so bunt mußten dagegen seine Diener ihre Kleidung wählen, und je mannigfaltiger die grellen Farben ihrer Zeuge waren, desto lieber war ihm dies. Hoöchst eigenthümlich benahm er sich vor dem Antritt einer Reise. Niemals konnte er die festgesetzte Stunde der Abfahrt erwarten. Lange vorher, ehe die Pferde angespannt wurden, erschien der reisefertige Herzog und setzte sich in den Wagen. Was einst Jesu Jüngern widerfuhr, daß sie Brot mitzunehmen vergessen hatten, widerfuhr ihm nie. Er ordnete ein für allemal an, daß auf jeder Reise, und wenn sie von noch so kurzer Dauer war, die größten Vorräthe an Lebensmitteln mitgenommen werden sollten, wie er denn überhaupt die Gastfreundschaft ungemein liebte. Da Heinrichs Einnahmen nur gering sein konnten, so wollten diese nicht immer ausreichen; außerordentliche Freude erregte daher eine wichtige Entdeckung, die man 1519 bei dem jetzigen Marien- berg machte. Bis dahin war diese Stadt ein kleines unansehnliches Dorf, welches „Wüste Schletta“ hieß. Zu den reichen Silberschätzen, die man bei Freiberg, Schneeberg und Annaberg in den Tiefen der Erde fand, kam im genannten Jahre eine neue Entdeckung wich- tiger Silberadern. Herzog Heinrich, dem diese Gegend gehörte, faßte deshalb 1521 den Plan, hier eine Stadt anzulegen. Zunächst wurde ein großer viereckiger Marktplatz abgesteckt und von diesem aus zwölf Gassen, je drei nach einer Seite, angelegt. Die junge Stadt vergrößerte sich zusehends und gegenwärtig zählt sie über 6000 Einwohner. Recht bald war der Name der neuen Stadt gefunden. In der Nähe gab es nämlich ein Annaberg, ein Jöhstadt — eigentlich Josephstadt — und in Böhmen ein Joachimsthal; nun fehlte noch