— 109 — eine Stadt, die den Namen der Jungfrau Maria trug. Anna war nämlich die Mutter, Joachim der Vater und Joseph der Mann der Maria, und so wurde die neue Stadt, Maria zu Ehren, Marien— berg genannt. b) Einführung der Reformation in den Aemtern Freiberg und Wolkenstein und endlich im Herzogthum Sachsen. Freibergs und Wolkensteins Bewohner sehnten sich ebenfalls nach der gereinigten Lehre des Evangeliums. Aus Rücksicht gegen seinen Bruder Georg wollte zwar Heinrich seine Unterthanen bei der katholischen Kirche erhalten, endlich gab er aber diesen nutzlosen Versuch auf, obgleich er für seine Person noch eine Zeit lang dem katholischen Glauben treu blieb. Diese Treue begann aber immer mehr und mehr zu wanken. Lange schon hatte seine Gemahlin die Kraft des reinen Evangeliums Jesu Christi an sich erfahren, und ihr Herz kannte keine heiligere Pflicht, als ihren Gatten zu gleicher Seligkeit zu führen. Anfangs sträubte sich Heinrich dagegen und war durchaus nicht zu bewegen, der evangelischen Predigt mit beizuwohnen. Wie sich Moses am Berge Horeb dem Auftrage Gottes dadurch ent- ziehen wollte, daß er eine „schwere Zunge“ vorschützte, so entschul- digte sich Heinrich damit, daß er schwer höre und die Predigt nicht verstehen könne. Auch diesen Vorwand wußte seine Gattin zu nichte zu machen. Heinrich fand eines Sonntags seinen Sessel nicht an dem gewöhnlichen Platze, sondern der Kanzel näher gerückt. Anfangs blieb zwar der ausgestreute gute Same in Heinrichs Herzen todt liegen, aber endlich ging er auf und trug hundertfältige Frucht. Der fürstliche Herr gab alle Rücksichten gegen Menschen auf und bekannte sich öffentlich zur evangelischen Kirche. Zwar suchte ihn sein Bruder Georg einzuschüchtern, aber nichts vermochte ihn zu bewegen, die er- kannte Wahrheit wieder zu verleugnen. Nachdem Heinrich Erbe des schönen Herzogthums Sachsen ge- worden war, eröffnete er den Segnungen der Reformation ein größeres Gebiet. Leipzig, welches um des Glaubens willen unter Georg so viel hatte erleiden müssen, erlebte die große Freude, die Reformation zuerst in seinen Mauern eingeführt zu sehen. Es geschah dies am Pfingstfeste 1539. Da herrschte Freude über Freude, und die um des Glaubens willen aus Leipzig Vertriebenen sollten nicht ferne Zeugen dieser Freude sein, sondern sich an Ort und Stelle freuen mit den Fröhlichen. Der neue Landesvater ließ seine ver- stoßenen Kinder wieder in Frieden zurückkehren in ihre Heimat. Er selbst und mehrere andere Personen, unter ihnen der Kurfürst von Sachsen, ferner Luther, Melanchthon 2c. wohnten dem ersten evan- gelischen Gottesdienste in Leipzig bei.