— 129 — Nun galt es zu handeln und zwar schnell zu handeln. Da es indes mitten im Winter war, so mußte der Kurfürst den Kaiser noch einige Zeit über sein Vorhaben in Sorglosigkeit zu erhalten suchen. Dies wurde allerdings mit jedem Tage schwerer. Von allen Seiten tauchten Bedenken gegen das Verhalten des Kurfürsten auf. Auch Herzog Alba witterte Gefahr und sprach seine Besorgniß wiederholt gegen den Kaiser aus. Karl schien indes mit Blindheit geschlagen zu sein, denn er sagte wiederholt, er könne dem, was man ihm von Moritz hinterbracht habe, keinen Glauben schenken. Da begann der März des Jahres 1552. Kurfürst Moritz hielt nun die Zeit für sein Vorhaben geeignet und brach unerwartet mit seinen Verbündeten gegen den Kaiser auf. In einem Manifeste setzte Moritz der deutschen Nation aus- einander, warum er gegen den Kaiser zöge. Er hätte mit seinen Verbündeten nichts sehnlicher gewünscht, als einen allgemeinen Frieden in dem Religionsstreite. Alle Zusagen des Kaisers seien aber immer wieder aufgehoben worden; ja der Kaiser habe sogar Manche von der evangelischen Religion aus dem Lande verjagt. Auch würde gegen die ausdrückliche Zusage des Kaisers der Landgraf Philipp nun schon fünf Jahre in „enger und elender“ Gefangenschaft gehalten. Als dritter Beschwerdepunkt wurde nun der „elende Zustand“ der deutschen Nation hervorgehoben, in welchen dieselbe durch fremdes Kriegsvolk gerathen sei. Wolle man jetzt noch die Augen verschließen, so würden die Nachkommen und Kindeskinder gen Himmel schreien und diejenigen noch unter der Erde verfluchen, die ruhig zugesehen hätten. Diese Worte entzündeten in den Epvangelischen eine höhere Begeisterung, galt es doch den Glauben zu schützen, der sich in seiner Reinheit als eine Kraft Gottes bewährt hatte, die da selig macht. Ueberall waren rührige Hände thätig, und willig und reichlich legte man Unterstützungen an Geld auf dem Altare einer heiligen Angelegenheit nieder. Umgeben von einem kampflustigen Heere und begeistert durch die freudige Theilnahme des deutschen Volkes, drang der Held Moritz unaufhaltsam in den Süden ein. Am 1. April stand sein Heer wie aus der Erde gezaubert vor Augsburgs Mauern. Unter schallendem Jubel hielt Moritz seinen Einzug in die alte Reichsstadt. Die ehr- würdige Stadt hatte wegen ihrer Treue gegen die Augsburgische Confession den Zorn des Kaisers in seiner ganzen Größe empfinden müssen. Moritz gab der evangelischen Einwohnerschaft ihre Kirchen wieder zurück und setzte die vertriebenen Geistlichen wieder in ihre emter. Von Frankreich her nach dem Rheine zu drang das französische Heer vor, und um das Maß des Unglücks voll zu machen, brachen die Türken wieder in Ungarn ein. Der mächtige Kaiser Karl sah Geschichte Sachsens. 9