— 139 — Nur allmählich wurde dies besser, und daß dies geschah, dazu trug auch eine der größten Erfindungen, die Buchdruckerkunst, sehr viel bei. Gerade in jener Zeit fing sie an, ihren segensreichen Einfluß allmählich auszuüben. Das Volk konnte sich nun aus nützlichen Büchern selbst belehren und konnte selbst prüfen und nachdenken. Es wurde aber auch die höchste Zeit, daß man endlich Gelegenheit fand, die müßigen Stunden mit edleren Beschäftigungen abzukürzen. Wollte man sich früher eine Unterhaltung oder ein Vergnügen verschaffen, so konnte man bis dahin seine freien Stunden nicht durch Lesen lehr— reicher Schriften oder durch andere unschuldige Zerstreuungen aus- füllen, und so dürfen wir uns nicht wundern, daß die Sitten jener Zeit äußerst roh und die Vergnügungen ungemein kostspielig waren. Man verspielte oft an einem Abende ungemein hohe Summen, und bei Schmausereien, z. B. bei Kindtaufen und Hochzeiten herrschte eine Verschwendung, wie sie jetzt kaum mehr vorkommt. Ambeklagenswerthesten sah es aber damals mit dem abscheulichen Laster der Trunksucht aus. Da kannte man kein Maß und Ziel, und wenn sich auch nach dem Jahre 1550 die Sitten und Vergnü- gungen allmählich etwas verfeinerten, so dauerte es doch noch lange, ehe dieses für Leib und Seele verderbliche Laster nachließ. Recht unverständig dachten und handelten damals die Handwerker. Sie ruhten nicht blos von ihrer Arbeit am Sonntage, als dem Tage des Herrn, sondern die meisten feierten auch Montags. An diesem Tage, „blauer Montag“ genannt,) überließen sie sich den wildesten Vergnügungen und vergeudeten oft an demselben den in der Woche- vorher sauer verdienten Lohn. Herzog Moritz konnte dieses Unwesen nicht länger dulden und verhing über diejenigen, welche sich einen „guten“ Montag machten, eine Geldstrafe. Die meisten unserer Hand- werker denken jetzt verständiger; sie sehen selbst ein, daß sie bei Träg- heit und Verschwendung auf keinen grünen Zweig kommen. Die während der Zeit der Reformation von Luther geschrie- benen Bücher übten aber noch einen andern Einfluß aus. Jede Sprache erfährt nämlich in verschiedenen Gegenden mancherlei Abänderungen. Sie wird z. B. nicht nur verschieden betont, sondern manche ihrer Wörter werden sogar abweichend gebildet. Diese Eigenthümlichkeiten nennt man die Mundart einer Sprache. In den Büchern, welche zur Zeit der Reformation von Sachsen ausgingen, wurde natürlich die sächsische Mundart angewendet. Diese Mundart wurde in allen Theilen Deutschlands und überall, wo man deutsch sprach, bekannt und in kurzer Zeit entstand für die gebildeten Deutschen eine bestimmte Schriftsprache und eine bestimmte Umgangssprache. Da man *) Der Name „blauer“ Montag stammt aus dem Englischen und heißt nach jener Sprache wörtlich „Spielmontag“.