— 147 — Um das Inland immer mehr und mehr in den Stand zu setzen, die unentbehrlichsten Bedürfnisse selbst zu erzeugen, so richtete Vater August seine Thätigkeit auch auf andere Landesprodukte. Ungern sah er, daß man schwere Summen Geldes für Hopfen nach Böhmen auswandern ließ. Sachsen sollte möglichst selbst die nöthigen Hopfen- vorräthe hervorbringen. Er benutzte deshalb sein Ostravorwerk auch zum Hopfenbau und ließ ihn von hier aus weiter verbreiten. Wie überaus glücklich er im Anbau dieses Rankengewächses — der echten Würze des Bieres, das damals in großen Mengen getrunken wurde — war, beweist die Thatsache, daß er in einem Jahre (1581) 4000 Scheffel Hopfen zum Verkauf ausbieten und den Scheffel nach dem jetzigen Gelde ungefähr für 90 Pfennige verkaufen konnte. Wird jetzt das bayerische Bier anderen Bieren gewöhnlich vorgezogen, so hatte damals das sächsische Bier im Auslande einen guten Klang, und Vater August hatte die Bierbrauereien so gehoben, daß er fremde Fürsten mit. Bier, diesem „köstlichen Labetrunk“, wie er es nannte, beschenken konnte. Durch den besseren Anbau des Bodens wurde es auch möglich, eine andere Quelle des Wohlstandes noch mehr, als bisher zu pflegen; es war dies die Viehzucht. Und wiederum war es Vater August, der auch in dieser Hinsicht sein Ostravorwerk zu einer Musterwirth- schaft einrichtete. Die Abwartung des Viehes, die Sorge für das Hauswesen, für Küche und Keller ist eine Angelegenheit der Frauen, und Sachsen hat in der Geschichte eine Fürstin aufzuweisen, die als glänzendes Muster einer guten Hausfrau dasteht. Dies ist aber nie- mand anders, als Augusts Gemahlin: Mutter Anna. Diese Fürstin stammte aus Dänemark und war die Tochter des Königs Christian III. Im Jahre 1548 wurde sie mit Herzog August von Sachsen, dem nachmaligen Kurfürsten, in Torgau getraut, und sie war es, deren Beispiel heute noch allen Hausfrauen voranleuchtet. Zunächst sei nur der Verdienste gedacht, welche sich Mutter Anna um die Viehwirthschaft erwarb. Vater August hielt auf dem Ostra- vorwerke auf einen sehr guten Viehstand und hatte deshalb holländische Kühe angekauft. Dieser Viehwirthschaft wendete nun Mutter Anna ihre ganze Sorgfalt zu. Von zwei oder drei Personen begleitet, ging sie bei günstiger Witterung zu Fuß auf das genannte Vorwerk und hier zeigte sie eine Thätigkeit, daß man kaum glauben konnte, die Kurfürstin vor sich zu sehen. Beim Auswaschen der Butter war sie nicht blos gegenwärtig, sondern aus Liebe zur Reinlichkeit wusch sie die Tischbutter für den Kurfürsten sehr oft selbst. Keine wirthschaft- liche Angelegenheit, selbst das Austreiben der Kühe, erschien ihr zu gering, als daß sie ihr nicht hätte ihre ganze Aufmerksamkeit schenken sollen. Wurde Mastvieh geschlachtet, Fleisch eingepökelt — Mutter Anna kümmerte sich darum und beaufsichtigte alles. 10