— 157 — sobald ihn entfernt von einer Stadt die Nacht übereilte. Keinem Reisenden war es (vom Jahre 1555 an) gestattet, in einem Gasthofe auf dem Lande zu Mittage zu essen oder abends sein Nachtlager daselbst aufzuschlagen. So sonderbar uns diese Einrichtung auch zu sein scheint, so war sie doch sehr gut gemeint. Allgemein klagten damals die Reisenden über Uebertheuerung. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, wurden die Gastwirthe angewiesen, dem Fremden die Kosten für Essen, Trinken, Nachtlager und das Futter für das Vieh einzeln zu be— rechnen. Glaubte der Gast übertheuert worden zu sein, so sollte er sich bei der Obrigkeit beschweren, und dies konnte damals am leichtesten in den Städten geschehen. Merkwürdig bleibt es, daß man erst vor 300 Jahren anfing, die Kutschen als Fuhrwerk zu benutzen, und auch damit ging es anfangs nur langsam vorwärts. Um das Jahr 1550 lernte man erst in Sachsen, sowie in dem übrigen Deutschland die Kutschen kennen. Anfangs mochte sie niemand benutzen, namentlich scheuten sich die Frauen, in einer Kutsche eine Reise auszuführen; und da mehrere deutsche Fürsten den Gebrauch dieses Wagens beim Reisen wieder verboten, so schien es, als sollte die alte langsame und beschwerliche Art zu reisen keine Vervollkommnung erfahren. Vater August ließ indes die neue Einrichtung nicht aus den Augen. Emsig wurden in Dresden Kutschen gebaut und mehrere gingen sogar als Geschenk ins Ausland, z. B. an Augusts Schwieger- vater, den König Christian III. von Dänemark. Nun fehlte es aber an Pferden zum Transport der Reisekutschen. Postmeister, die jetzt zur Unterhaltung einer Anzahl Pferde angewiesen sind, gab es noch nicht, es wurden nur — wie es heißt — etliche Leute auf dem Lande und in den Städten verpflichtet, „Lohnklepper“ zu halten, die als Postpferde eintreten mußten. Lange Zeit gehörte es fast zu den Unmöglichkeiten, Briefe auf leichte Weise von einem entfernten Orte zum andern zu befördern. Wer keinen eigenen Boten als Briefträger aussenden konnte, wandte sich meistentheils an reisende Kaufleute, welche aus Gefälligkeit Briefe in entferntere Ortschaften mitnahmen. Endlich trat auch hierin eine kleine Erleichterung ein. Unter Vater August wurde ein „reitender Bote“ angestellt, welcher die Weiterbeförderung der Briefe mit zu besorgen hatte. Bis gegen das Jahr 1600 blieb das Postwesen in Sachsen in diesem unvollkommenen Zustande. Leipzig, schon damals eine berühmte Meßstadt, setzte den vom Vater August in Vervoll- kommnung der Verkehrsmittel gemachten Anfang fort. Es wurde ein „Botenstübchen“ eingerichtet, wo zu bestimmten Zeiten Briefboten aus den entferntesten Städten eintrafen, um Briefe zu überbringen und dergleichen wieder mitzunehmen. Nach dem Jahre 1600 wurde es mit dem Postwesen weit besser.