— 181 — dem Beitritt zu diesem Bunde ab, und zwar die Hoffnung, endlich doch noch Jülich-Cleve-Berg zu erhalten, und Abneigung und Haß gegen die Reformirten. Um jenes zu erreichen, vermieden beide Fürsten jede Gelegenheit, auf irgend eine Weise den Unwillen des Kaisers auf sich zu ziehen. Den Beitritt zur Union hätte natürlich der Kaiser den sächsischen Kurfürsten nicht vergeben können. — Der zweite Grund war ein religiöser. Dieselbe Feindschaft, welche damals die Herzen der Katholiken und Evangelischen entzweite, trennte leider auch die meisten Evangelisch-Lutherischen und Evangelisch-Reformirten. Man hielt es gar nicht für möglich, daß man dadurch der Liebe und Treue zu seinem Glauben durchaus nicht zu nahe tritt, wenn man die Glieder einer andern Kirche als seine christlichen Mitbrüder betrachtet. Der erwähnte Bund, die Union, hatte 1608 den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz zum Oberhaupte gewählt, welcher dem reformirten Glauben zugethan war. Mit einem reformirten Fürsten ein Bündniß zu schließen — das konnten die damaligen sächsischen Kurfürsten nicht über sich gewinnen, obgleich der glaubensstarke Johann Friedrich der Großmüthige sich nicht im geringsten beunruhigt hatte, mit dem frommen reformirten Landgrafen Philipp von Hessen 60 Jahre früher im Bunde zu stehen. Außerdem mochte es unsern Kurfürsten auch schwer ankommen, einem Bunde beizutreten, dessen Oberhaupt ihnen an Macht nachstand. Im Jahre 1611 nahm Matthias, Rudolphs Bruder, den deutschen Kaiserthron ein. Da er seine katholischen Unterthanen augenscheinlich begünstigte, so erwachte bei den evangelischen Bewoh- nern die alte Unzufriedenheit und Erbitterung wieder und es zeigte sich hier dieselbe Erscheinung, wie bei einem im Verborgenen glim- menden Feuer. Wie der leiseste Luftzug dasselbe zur hellen Flamme anzufachen vermag, so bedurfte es auch nur der geringsten Ver- anlassung, die bis jetzt noch niedergehaltene Erbitterung zum Aus- bruche zu bringen. Und diese Veranlassung gaben die Bestimmungen des oben erwähnten Majestätsbriefes. Es war nämlich in demselben den Evangelischen gestattet, Kirchen zu bauen, aber nicht ausdrücklich hervorgehoben worden, daß sich diese Freiheit auf alle ohne Ausnahme erstrecke. Sehr bald wendeten nun die Katholiken die Sache so, daß sie meinten, dieses Recht beziehe sich nur auf die protestantischen Stände), nicht aber auf deren Unterthanen, oder auf die Unterthanen der katholischen Stände. Natürlich wollten die Evangelischen von solch einer Einschränkung nichts wissen. Man behauptete, im vollen Rechte zu sein, als sich die evangelischen Unterthanen des Prager *) Stände waren Besitzer größerer Herrschaften, welchen über die Be- wohner ihrer Ländereien gewisse Regierungsrechte zustanden.