— 184 — dieser Provinzen Religionsfreiheit geben wolle; er sei ferner bereit, in Böhmen, sobald er es wieder unter sein Scepter gebracht hätte, in Religionssachen nichts zu ändern. Unser Kurfürst setzte in diese Zusagen nicht den geringsten Zweifel und so glaubte er durchaus nichts Ungerechtes gegen die evangelische Kirche zu unternehmen, wenn er das abgefallene Schlesien und die Lausitzen dem Kaiser wieder unterwarf. Wenn dieser Schritt von manchen unserm Kurfürsten als Verrath an seinen Glaubensgenossen angerechnet wird, so geschieht ihm unrecht; gefehlt hat er blos darin, daß er den Zusagen des Kaisers zu großen Glauben schenkte. Dieser Fehler entsprang nicht aus seinem Willen, sondern aus Mangel an Scharfsinn. Im August 1620 rückte der Kurfürst mit 15 000 Sachsen in die Lausitzen und ein Jahr später in Schlesien ein, unterwarf beide Länder dem Kaiser, versprach aber den Einwohnern ausdrücklich Schutz gegen jeden Angriff auf ihre Religion. Auch in Böhmen nahm alles gar bald eine günstige Wendung für den Kaiser. Nachdem Friedrich 1619 in Prag mit großem Pomp gekrönt worden war, lächelte ihm zwar anfangs das Glück so hold, daß man ihn für ein Schoßkind desselben halten konnte; aber sehr bald kehrte ihm dieses wieder den Rücken. Und was war an dieser ungünstigen Wendung Schuld? Nichts weiter, als Friedrichs Sorglosigkeit. Auch die Böhmen gelangten sehr bald zu der traurigen Gewißheit, daß ihr König seiner, allerdings damals großen Aufgabe nicht gewachsen sei. Nachdem nämlich die Evangelischen im Jahre 1608 die Union geschlossen hatten, traten auch die katholischen Fürsten zu einem Bunde zusammen, welchen sie Liga (ein spanisches Wort und heißt: Bund) nannten und an dessen Spitze der Herzog Maximilian von Bayern stand. Kaiser Ferdinand rief diesen Fürsten gegen Böhmen und gegen die Union zu Hilfe. Maximilian rückte unerwartet mit 50 000 Mann in Böhmen ein, nahm eine Stadt nach der andern und rückte endlich nach Prag vor. Vor Prag hatte Graf Thurn den weißen Berg so vortheilhaft besetzt, daß der Feind anufangs einen Angriff nicht zu wagen schien. In der 9. Vormittagsstunde des 8. November 1620 — es war an einem Sonntage — standen die Heere einander kampffertig gegenüber. Ein dicker Nebel lagerte auf der Erde. Gegen Mittag zertheilte er sich und Maximilian gab das Zeichen zum Angriff. Anfangs standen die Böhmen wie Mauern, der junge Fürst v. Anhalt stürzte in Windeseile mit seinen Reitern auf die Kaiserlichen und brachte diese so in Unordnung, daß sie zurückwichen. So schnell diese Vortheile errungen waren, so schnell gingen sie wieder verloren. Zum Unglück der Böhmen wurde nämlich der Anführer der Reiterei gefangen genommen, und diese suchte, von Furcht ergriffen, ihr Heil in der Flucht.