— 194 — mischte sich in das Jammergeschrei der Unglücklichen. Feuermeere, in welchen Dörfer und Städte untergingen, verwandelten weit umher die Nacht in hellen Tag. Räubern gleich brach man in die Ställe ein, trieb das Vieh in Heerden zusammen und entführte es als Beute den Eigenthümern. Wohin Holk, dieser Wütherich, kam, hinterließ er schauderhafte Denkmäler seiner Grausamkeit. Schutt= und Aschen- haufen zerstörter Dörfer und Städte, zertretene Feldfrüchte, nieder- geschmetterte Menschen bezeichneten die Spuren seines Marsches. Am meisten hatte die Stadt Oelsnitz zu leiden. Dieselbe war, wie viele Städte damaliger Zeit, mit einem Graben und einer Ring- mauer umgeben. Leider war die Besatzung nur eine schwache, darum griffen alle Einwohner zu den Waffen, um die geringe Mannschaft zu unterstützen und Weib und Kind, Haus und Hof gegen die Wütheriche vor der Stadt zu schützen. „Es wurden zwar“ — erzählt Jahn in der Geschichte des Voigtlandes — „noch einmal Ver- handlungen mit der Stadt angeknüpft; allein während sich die Bürger mit Berathschlagen beschäftigten, überstiegen die Croaten, Panduren und Wallonen die doppelten Graben und Ringmauern, und nun war aller Widerstand vergebens. Ein fürchterliches Blutbad begann und gegen 1000 Menschen fielen theils durch das Schwert dieser raub- gierigen Krieger, theils durch das empörte Element der Flammen. Weder des Priesters am Altare, noch des unschuldigen Kindleins wurde geschont; weder das silberweiße Haar des Greises, noch das unschuldige Lächeln des Kindes vermochte den Grimm der wüthenden Rotte aufzuhalten, und nichts war zu heilig, was man nicht entheiligt hätte. Während der Nacht ging die Stadt in Feuer auf, das so schnell um sich griff, daß niemand dem empörten Elemente ausweichen konnte und über 500 Menschen elendiglich in den Kellern erstickt sind. Selbst dem Feinde verbrannten gegen 200 Pferde und vieles Gepäck, wobei insbesondere Piccolomini einen ungeheuern Schaden erlitt, indem ihm ein silbernes Tafelgeschire, gegen 600 000 Mark an Werth, nebst zwei andalusischen Streitrossen verbrannte. Die ganze Stadt glich einem Aschenhaufen, die Einwohner waren theils gemordet, theils gefangen hinweggeschleppt, und Oelsnitz blieb über vier Wochen lang unbewohnt.“ Nicht viel besser erging es den Städten Adorf, Schneeberg, Zwickau, Marienberg, Buchholz, Scheibenberg, Oederan, Frauenstein und anderen Ortschaften. Da war Jammer und Herzeleid, wie noch nie gewesen. Wer sich retten konnte, floh; aber wohin? Dichte Wälder, einsame Höhlen, tiefe Bergwerke, dunkle Klüfte waren die Schlupfwinkel, wohin man flüchtete. Wie eine Wetterwolke nahte sich Holk mit seinem Heere auch der Stadt Annaberg. Die Einwohner zitterten, denn ihrer harrte dasselbe Schicksal, welches viele Ortschaften des Voigtlandes und