— 209 — b) Waffenstillstand zwischen den Schweden und Sachsen. Friedensschluf den 24. Ohtober 1648. Wo Torstenson mit seinen Truppen erschien, war er auch Sieger. Schlag auf Schlag traf den Kaiser, und auch dem verödeten Sachsen drohte immer neue und größere Gefahr. Wie sollte dem vorgebeugt werden? Nur ein Mittel gab es noch. Der Kurfürst durfte ja nur das Bündniß mit dem Kaiser aufgeben und vor der Hand mit den Schweden Waffenstillstand schließen. Dieses Mittel zu ergreifen, war auch die flehentliche Bitte aller seiner Unterthanen, namentlich auch die seiner Söhne. Lange Zeit schwankte der Kurfürst hin und her und konnte zu keinem bestimmten Entschlusse gelangen. Das österreichische Kaiserhaus zu erzürnen, dem er die Lausitzen ver- dankte, wurde ihm sehr schwer; zumal da er fürchten mußte, daß, wenn er sich und seinem Lande Ruhe vor dem einen Feinde verschafft habe, in Oesterreich ein neuer erstehen könne. Dieser Zustand des Hin= und Herschwankens sollte auf einmal aufhören. Torstenson griff nämlich zu folgendem Mittel: Er befahl seinem Kommandanten in Leipzig, den Einwohnern des Sachsenlandes so schwere Kriegssteuern aufzulegen, daß sie nicht mehr im Stande seien, Abgaben an den Kurfürsten zu entrichten. Ferner solle er die Umgegend von Dresden in eine Wüste verwandeln und alles nieder- brennen und verheeren. Sofort rückten die Schweden von Leipzig vielmehr der Ueberzeugung, daß die Belagerung der Stadt in Folge wieder- holt erneuerter Verhandlungen aufgehoben worden sei. · Vierundfünfzig Jahre später wurde jener Zug in Torstensons Lager von einem Biographen Lange's in der Weise, wie er jetzt noch gäng und gäbe ist, beschrieben. Dieser Biograph nennt Lange Torstensons Lehrer und läßt über 300 Bewohner Pegau's bei dem Bombardement der Stadt elendiglich umkommen, während Dr. Lange, wie erwähnt, ein Zeitgenosse jenes Unglücks, ausdrücklich hervorhebt, es sei nur eine Magd, die vor die Hausthür getreten, erschossen und ein Tischler schwer verletzt worden. Bedenkt man ferner, daß Lange noch im Bettchen getragen wurde, während Torstenson schon königlich schwedischer Page war (Lange wurde 1618 in Menuselwitz bei Altenburg geboren und in demselben Jahre wurde Torstenson königlicher Page, „und war von nun an immer um des Königs Person"), so bleibt es sehr unwahrscheinlich, daß er Torstensons Lehrer, ebenso, wie manche dies abgeändert haben, sein Universitäts= und Jugendfreund war. — Nun ist es zwar Thatsache, daß das Lied: „Wenn wir in höchsten Nöthen sein“ 2c. heute noch allsonntäglich beim Nachmittagsgottesdienste als Anfangs- lied gesungen wird; allein dies beweist nur, daß man Dr. Lange's Wort bis auf den heutigen Tag beherzigt hat, welcher seiner Gemeinde oft in seinen Predigten zurief (vergl. Lange's Hauspostille): „Vergesset sie nie, die Stunde der Heimsuchung!" — Die Macht des geistlichen Liedes hat sich in Freud' und Leid an Millionen Herzen als eine Gotteskraft bewährt und wird sich fort und fort als solche bewähren; wir schwächen sie nicht ab, wenn wir auch unhistorische Zeugnisse für dieselbe fallen lassen. Geschichte Sachsens. 14