— 226 — kein größeres Vergnügen, als zu birschen oder zu jagen. Zum Birschen gab es im 17. Jahrhunderte ungemein viel Gelegenheit. Der Wild— stand war damals ein ganz außerordentlicher, wobei freilich Folgendes in Anschlag zu bringen ist: Sachsen hatte damals (bis 1815) einen weit größeren Flächenraum; es besaß ferner in den verloren gegan— genen Landestheilen bedeutende Waldungen, die dem Wilde Raum genug zur Ausbreitung boten, und überdies war die Bevölkerung damals, namentlich in und nach dem dreißigjährigen Kriege, eine so geringe, daß die Waldbewohner unangefochten in ihrem Verstecke hausen und sich vermehren konnten. Da brummten und heulten in den Wäldern noch Bären und Wölfe; im dichten Gezweig lauerten spähende Luchse, von Ast zu Ast sprangen in weiten Sätzen wilde Katzen, grunzend wälzten sich gewaltige Eber in morastigen Ver— tiefungen, Iltisse stellten dem Hausgeflügel nach und soffen Hühner— und andere Vögeleier aus; ferner fand man an der Elbe Biber— kolonien und räuberische Fischottern. Johann Georg I., ein großer Jagdliebhaber, hatte daher viel- fache Gelegenheit, zur Verminderung des überhand genommenen Wild- standes das Seine beizutragen, und dies ist auch eifrigst von ihm geschehen. Hätte er ein einziges Stück Wild mehr erlegt, so betrüge die Zahl der von ihm in den Jahren von 1611 bis 1652 gebirschten Thiere gerade 105.000, unter welchen sich 98 Bären, 812 Wölfe'), 4 Luchse, 145 Wildkatzen, 139 Iltisse, über 15.000 Hirsche, gegen 10 000 Rehe, über 10 000 Hasen, über 28 000 Wildschweine, unter ihnen über 12 000 Jungschweine (Frischlinge), 29 Biber, 81 Fisch- ottern befanden. Rechnet man die von den Forst= und Jagdbeamten noch außerdem erlegten Thiere hinzu, so muß der Wildstand im 17. Jahrhunderte eine Höhe erreicht haben, wie wir sie uns jetzt kaum vorzustellen vermögen. Auffallend ist die verhältnißmäßig geringe Zahl der Rehe und Hasen, welche bei uns die hauptsächlichsten Bewohner der Wälder und Felder sind, und es läßt sich der Grund dieser Erscheinung nur dadurch erklären, daß damals die große Menge der Raubthiere das Ihre zur Verminderung des pflanzenfressenden Wildes beitrug. Gleiche Jagdliebhaberei finden wir auch bei Johann Georg II., unter dessen Regierung in 21 Jahren gegen 100 000 Stück Wild, unter ihnen 2000 Wölfe und 200 Bären, erlegt wurden. Nicht selten geriethen damals die Waldbewohner im Kampfe mit den Raub- thieren in Lebensgefahr. Hungrige Wölfe schlichen ihnen nach und *) Zwischen Moritzburg und Weinböhla ist uns bis auf den heutigen Tag ein schönes Denkmal erhalten, welches an die Erlegung eines Wolfes von Johann Georg I. in offener Jagd im Jahre 1618 erinnert. Hier erhebt sich auf einer Wiese eine vierseitige 6—8 Ellen hohe steinerne Säule, auf deren Gipfel ein fast in Lebensgröße sitzender Wolf angebracht ist.