— 236 — Im Verkehr mit anderen Völkern lernen die Menschen fremde Sitten, fremde Gebräuche kennen und viele derselben auch lieben und eifrig nachahmen. Im dreißigjährigen Kriege sahen die Sachsen bald Schweden, bald Oesterreicher in ihrem Vaterlande. Sehr natürlich, daß diese Ausländer manches Neue mitbrachten. So war man z. B. ganz überrascht, als man (im Jahre 1631) bei den Schweden den sonderbaren Gebrauch wahrnahm, daß diese ein Kraut anzündeten, den Rauch in den Mund zogen und denselben dann wieder von sich bliesen, mit einem Worte, daß sie Tabak rauchten. Indes diese Sitte fand bald Nachahmung und Beifall, so daß die Obrigkeit anfangs die strengsten Verbote gegen das „Tobaktrinken“, wie man es in den Verordnungen nannte, erließ. Dasselbe sei, hob man ausdrücklich hervor, der Gesundheit nachtheilig und feuergefährlich. Wie sich die Sitten ändern! Jetzt schmaucht fast jeder Erwachsene seine Cigarre oder sein Pfeifchen, und ist das Rauchen nur an feuergefährlichen Orten — auf Böden, in Ställen, Scheunen 2c. — verboten. Möchte die Jugend nicht vergessen, daß sie durch die Sucht, das Tabakrauchen nicht frühzeitig genug beginnen zu können, ihre Lebensfrische zerstört. Außerdem gaben die fremden Krieger Veranlassung, daß um dieselbe Zeit ein der Gesundheit nachtheiliges Getränk sehr beliebt wurde, und dies war der Branntwein. Mit dem zunehmenden Genusse desselben verlor das zeither so gern getrunkene Bier an Bei- fall und gar bald erhob man in den Bierbrauereien die bittersten Klagen über Abnahme von Bestellungen. Ehe das 17. Jahrhundert zu Ende ging, wurde man in Sachsen mit einem andern Getränke bekannt, das aber erst 100 Jahre später zum Lieblingsgetränk aller Stände wurde, und dies war der Kaffee. Ungefähr um das Jahr 1500 lernte man den Kaffee als Getränk in Europa, und zwar zunächst in Konstantinopel kennen. In den süd- lichen Gegenden Deutschlands finden wir ihn ungefähr 100 Jahre später, und 1672 brachte man nach Dresden die ersten Kaffeebohnen. Kurz vor der Michaelismesse 1694 zeigte Leipzig an, daß es ein Kaffeehaus — das erste in Sachsen — eröffnet habe. Noch ver- gingen ungefähr 20 bis 25 Jahre, ehe die Kaffeekanne einen Platz auf dem Familientische erhielt. Seit ungefähr 100 Jahren ist der Kaffee in Palästen und Hütten heimisch und bei Alt und Jung ein Lieblingsgetränk geworden.