— 238 — Daß er den Beinamen „der Starke“ mit Recht führte, mögen einige Proben seiner unglaublichen Körperkraft beweisen, die er zum Erstaunen aller ablegte. Silberne, kupferne oder zinnerne Becher, Schüsseln und Teller mit einer Hand wie Papier zusammen zu rollen, war ihm ein Spiel. Er legte noch ganz andere Proben seiner Stärke ab. Als er in Nürnberg das Zeughaus besuchte, er— probte er seine Riesenkraft an einer eisernen Kugel. Diese war nämlich so schwer, daß sie vier starke Männer kaum einen Messer— rücken hoch heben konnten. Prinz August erfaßte sie und hob sie zwei Spannen hoch. Als Schütze hätte er es selbst mit dem geübtesten Alpenjäger aufnehmen können. Eines Tages trat er in Nürnberg in einen großen Saal. An der entgegengesetzten Wand nahm er sich ein brennendes Licht zur Zielscheibe, welches er mit einer Pistolen— kugel so zu treffen versprach, daß die Flamme verlöschen sollte. Der geübte Schütze zielte, drückte ab und siehe da, der Docht verlosch. In Ungarn gab ein Beweis seiner Stärke zu einem spaßhaften Vorfalle Veranlassung. Des Prinzen Pferd hatte einige Hufeisen verloren und er ließ in einer Stadt neue aufschlagen. Der Schmied brachte die Eisen, der Prinz erfaßte sie, brach sie mit Leichtigkeit in kleine Stücke und warf sie mit den Worten auf die Erde: „Was für elendes Eisen habt Ihr hier zu Lande!“ Meister und Gesellen maßen den Fremden mit großen Augen. Es wurden andere Eisen geholt, wofür der Schmied 2 Speciesthaler (8 Mark) erhielt. „Ach, gnädiger Herr,“ fing der Schmiedegeselle an, der ebenfalls ein ungemein starker Mensch war, „laßt mich doch erst einmal das Geld probiren.“ Er nahm die Speciesthaler in seine nervige Hand, brach jeden mitten entzwei und warf die vier Hälften mit den Worten auf die Erde: „Was für elendes Silber ist zu diesem Gelde!“ Dieser Vorfall ergötzte den Prinzen so sehr, daß er den Schmiedegesellen sogleich in seine Dienste nahm. Den höchsten Beweis seiner Stärke legte August in Wien ab. Als er eines Tages den hohen Stephansthurm bestieg, nahm er ab- sichtlich zwei Trompeter mit. Was machte der Prinz? Er stellte einen auf seine linke und den andern auf seine rechte Hand, hielt beide ins Freie hinaus und ließ sie in dieser gefährlichen Stellung blasen. Ebenso war Prinz August auch ein kühner und gewandter Reiter. Einst ritt er mit seinem Bruder um die Wette und legte den Weg zwischen Wurzen und Leipzig, der reichlich 6 Stunden beträgt, in Fünfviertelstunden zurück, so daß — die Stunde zu 12 000 Fuß (ceirca 3450 m) gerechnet — auf eine Sekunde 16 Fuß kommen. Als dreiundzwanzigjähriger Prinz unternahm Friedrich August eine zweite Reise. Diese galt diesmal Italien und namentlich Rom mit seinen Kunstschätzen und seinen Prachtgebäuden, bei welcher Ge- legenheit er auch Neapel in Augenschein nahm. Was der Prinz in