239 — fremden Ländern und an fremden Höfen gesehen, machte auf seinen regen Geist den tiefsten Eindruck; namentlich nahmen die Kunst- sammlungen und die Bauwerke seine ganze Aufmerksamkeit in An- spruch. Freilich lernte er auch an fremden Höfen, besonders in Frank- reich, wiederum Pracht und Herrlichkeit lieben, die sein Vater von dem sächsischen Hofe früher entfernt hatte. Wie es aber schien, konnte der Prinz von dem Allen wenig oder gar nichts auf das Sachsenland übergehen lassen, da ja sein Bruder die Kurwürde bekleidete; indes es kam unerwartet ganz anders. Im April (den 27.) 1694 starb der sechsundzwanzigjährige Kurfürst Johann Georg IV., und Friedrich August sah sein Haupt auf einmal mit dem Kurhute von Sachsen geschmückt. Einfluß, welchen Polens Besitz auf Sachsen ausübte. 71. Friedrich August bewirbt sich um den polnischen Zönigsthron und besteigt denselben als König August II. a) Nebertritt des Kurfürsten zur römisch-Ratholischen Zirche. Sachsens Ueber- gewicht im evangelischen Deutschland geht verloren. (Kurfürstin Eberhardine.) Uebertritt des Hurprinzen zur römisch-hatholischen Kirche. Verlust der Erbansprüche auf Dänemark (und Norwegen). Aufregung unter den evangelischen BZewohnern Sachsens. Zu dem Kurhute sollte in kurzer Zeit noch eine Königskrone kommen. Im Jahre 1696 (den 17. Juni) starb der König von Polen, Johann Sobieski. In diesem damals so großen Lande bestand eine höchst unglückliche Einrichtung. Trat der Tod des Königs ein, so ging die Krone keineswegs auf dessen ältesten Sohn, oder auf dessen nächsten Anverwandten über, sondern die Edelleute wählten einen Nachfolger. Selten konnten sich die verschiedenen Parteien einigen und es kam meistentheils zu den heftigsten Streitigkeiten, die oft in Schlägereien, Blutvergießen und sogar in Bürgerkriege aus- arteten. Nach dem Tode des Königs Sobieski bewarb sich auch unser Kurfürst um den erledigten Thron. Ihn zu erlangen war aber nicht leicht, da sich ein französischer Prinz (Ludwig v. Conti) die Gunst vieler Polen erworben hatte. Um über diesen Gegner den Sieg zu erringen, mußten alle Mittel in Bewegung gesetzt werden. Da der deutsche Kaiser großen Einfluß auf die Königswahl ausüben konnte, so suchte der Kurfürst zunächst diesen für sich zu ge- winnen, was ihm auch vollständig gelang. Ein zweites Mittel war Geld, das reichlich nach Polen wanderte. Dies brauchten Polens Adelige, denn die meisten polnischen Edelleute waren arm und da