— 240 — Friedrich August vielen von ihnen in diesem Punkte recht kräftig unter die Arme griff, so konnte er auch auf ihre Stimmen rechnen. Hierzu kam noch ein dritter Umstand, der unserm Kurfürsten sehr zu Statten kam. Sein nach Polen gesendeter Bevollmächtigter v. Flemming war ein äußerst gewandter und kluger Mann, und diesem gelang es sehr bald, einige der einflußreichsten Polen für sich zu gewinnen. So stand denn alles recht günstig. Nur ein Hinderniß war noch zu beseitigen. In Polen konnte nur ein römisch-katholischer König den Thron besteigen und da trat denn Friedrich August J. in der Pfingstwoche 1697 in dem Städtchen Baden bei Wien zur katho- lischen Kirche über. Der Wahltag nahte. Die angewendeten Mittel wirkten, denn Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen wurde den 17. Juni 1697 zum König von Polen ausgerufen. Vier Tage später — den 21. Juni traf die Nachricht von der erfolgten Wahl in Dresden ein. Jetzt galt es, den neuen Thron sofort in Besitz zu nehmen, zumal da der französische Prinz und seine Anhänger auch nach dem 17. Juni noch alles aufboten, ihre Pläne durchzusetzen. Friedrich August brach sogleich mit 8000 Mann Kerntruppen von Sachsen auf und überschritt im Juli die polnische Grenze. Da Prinz Conti seinem Gegner nicht in ähnlicher Weise entgegentreten konnte, gab er seine Pläne auf und reiste nach Frankreich zurück. Nun traf man in Krakau die großartigsten Vorbereitungen zur Krönung des neuen Königs und diese erfolgte den 5. September mit einer Pracht und Herrlichkeit, die ans Unglaubliche grenzt. So strotzte, um nur Eins hervorzuheben, der Krönungsmantel von Gold und Juwelen und kostete über eine Million Thaler (3 Millionen Mark). Scheinbar war alles vereinigt, um den prachtliebenden Friedrich August — als König von Polen August II. — zu den glücklichsten Menschen der Erde zu machen, denn außer seinem so reich gesegneten Sachsen konnte er über ein Land von 12 000 Quadratmeilen mit 13 Millionen Menschen gebieten; allein es ist nicht alles Gold, was glänzt. Die neue Krone schimmerte nicht immer im Juwelenglanze, sie hatte auch ihre Dornen. Kann auch hier nicht von einer ausführlichen Geschichte Polens die Rede sein, so müssen doch diejenigen Ereignisse hervorgehoben werden, welche einflußreich auf unser Vaterland ge- worden sind. Als die Nachricht von der getroffenen Königswahl in Dresden einging, wurde zwar ein Dankfest gefeiert, allein mit so recht freudigem Herzen konnten die Sachsen nicht danken und jubeln, und hätten sie jetzt schon mit Gewißheit voraussehen können, welch schwere Opfer das Sachsenland später Polens wegen bringen mußte, so würden Freude und Traurigkeit noch mehr mit einander gekämpft haben. Zunächst schmerzte es die Sachsen tief, daß sich ihr Landesvater von nun an nicht mehr mit ihnen zur evangelisch-lutherischen Kirche