— 261 — den Stein der Weisen nannte.“) Diesen verhängnißvollen Stein zu erfinden, war das Bestreben Tausender. Ungeheure Summen wurden zur Erreichung dieses Zieles verwendet und selbst fürstliche Namen fand man unter der Zahl derjenigen, die Kraft, Zeit und Geld der Entdeckung dieses Mittels, sowie der Goldmacherkunst überhaupt zum Opfer brachten. Sehr natürlich, daß hierbei das ganze Thun und Treiben in ein gewisses geheimnißvolles Dunkel gehüllt war. Auch Böttger zog zunächst die Aufmerksamkeit seines Lehrherrn dadurch auf sich, daß er oft in unverständlichen Worten Andeutungen über eine gemachte, höchst wichtige Entdeckung hinwarf. Als er endlich mit der bestimmten Erklärung hervortrat, Gold machen zu können, stieg sein Ansehen bei seinem Lehrherrn dergestalt, daß ihm dieser einen Theil seiner Lehrzeit erließ. Aus Dankbarkeit dafür — so wird wenigstens erzählt**) — soll er am 1. Oktober 1701 in Gegenwart seines Lehrherrn und einiger Freunde 18 Zweigroschenstücke geschmolzen und durch ein in die flüssige Masse gestreutes rothes Pulver ins feinste Gold verwandelt haben! Mag diese Sage auf diese oder jene Weise entstanden sein, genug, Böttger erregte sehr bald die öffentliche Aufmerksamkeit. Da er fürchtete, als Goldmacher festgenommen und unter Aufsicht gestellt zu werden, war er eines Tages verschwunden; sehr natürlich, da er nur zu gut wußte, mit seiner Kunst nicht bestehen zu können. Zu seinem Versteck diente ihm zunächst eine Bodenkammer bei dem Kauf- mann Röber. Für die Länge der Zeit hielt er sich auch hier nicht sicher, zumal da der König von Preußen auf Böttgers Auslieferung eine Belohnung von 1000 Thalern gesetzt hatte. Dieser verließ bei Nacht und Nebel Berlin und eilte nach Sachsen. Obgleich von Sol- daten verfolgt, erreichte er doch wohlbehalten Wittenberg.“*“) Ver- geblich bestand der preußische König auf Böttgers Auslieferung. Der Kommandant von Wittenberg berichtete schleunigst über den ganzen Hergang nach Dresden, und mit tausend Freuden ergriff man hier die Gelegenheit, diesem Jünglinge in Sachsen eine Zufluchtsstätte *) Von diesem bis heute noch nicht erfundenen Mittel erwartete man auch noch andere Wirkungen. So hoffte man z. B. von demselben, daß es die Menschen verjüngen könne u. dergl. *y) Um sein Ansehen zu erhöhen, ist jedenfalls Böttger selbst der Erfinder dieser Angabe. » *“8) Wie sehr sich die Phantasie Mancher hinreißen läßt, etwas aben- teuerliche Vorgänge noch mehr auszuschmücken, beweist z. B. Folgendes. Hier und da wird erzählt, Botger habe sich am Tage in die Kartoffelfurchen gelegt und habe sich dadurch dem Späherblick der Soldaten entzogen. Der geistreiche Erfinder dieses Schutzmittels hat freilich vergessen, daß 1701 zwischen Berlin und Wittenberg nicht einmal ein Stock, geschweige denn gunze Felder Kartoffeln anzutreffen waren. Nicht zu gedenken, daß zu dieser eit die Kartoffelernte sicherlich vorüber gewesen sein würde.