— 264 — dern zur Sicherheit seinen Aufenthalt auf dem Königstein nehmen. Im Sommer 1706 verbreitete sich in Sachsen die Schreckenskunde, daß Karl XII. unser Vaterland mit seiner Heeresmacht heimsuchen werde. Wie leicht war es da möglich, daß sich die Schweden Böttgers Person bemächtigten, oder daß Böttger, da er viel Geld brauchte, dem schwedischen Könige seine Dienste anbieten könnte. Um das Eine oder das Andere zu verhüten, wurde jene Maßregel ergriffen. Zwar er- fuhr Böttger während seines Aufenthaltes auf der Festung die größten Rücksichten und für seine Verpflegung wurde so reichlich gesorgt, daß er monatlich mit seinen drei Dienern?) 83½ Thlr. (250½ Mark) empfing, dessenungeachtet mußte er sich's gefallen lassen, daß sein Zimmer mit einem Vorlegeschlosse versehen wurde. Da Böttger ein ungemein lebenslustiger Mann war, so ist es sehr erklärlich, daß es ihm auf der Festung bald zu eng und unbehaglich ward. Er verabredete daher mit einigen anderen Gefangenen einen Fluchtplan. Zufällig entdeckten denselben seine drei Gehilfen und nun wußte er sich in seiner Herzensangst nicht anders zu helfen, als dem Kommandanten das verabredete Vorhaben selbst zu offenbaren. Dieser gestattete Böttgern von nun an größere Freiheiten, um ihm den Aufenthalt auf der Festung möglichst angenehm zu machen. Im September 1707, nachdem die Schweden Sachsen verlassen hatten, finden wir Böttgern wieder in Dresden, wo er mit unglaub- licher Rührigkeit die früheren Arbeiten fortsetzte. Er kam, wenn seine Schmelzöfen glühten, oft drei bis vier Tage in kein Bett, und einmal sah er dasselbe sogar fünf Tage und fünf Nächte hindurch nicht. Manchmal konnte er vor Mattigkeit nicht mehr stehen und auch dann gönnte er sich nur eine kurze Rast. Er zog sich in eine Kohlenkammer zurück, wo er sich abkühlte und ein Stündchen schlummerte. Sein Eifer wurde aber auch mit dem besten Erfolge gekrönt. Die Brände geriethen so ausgezeichnet, daß der Kurfürst nicht blos wiederholt seine volle Zufriedenheit aussprach, sondern denselben oft persönlich beiwohnte und seinen Böttger mit neuen Geschenken überhäufte. Im Jahre 1709 kam zu der 1704 gemachten Entdeckung eine neue. Bei dem Kurfürsten ging ein Schreiben von Böttgern ein, in welchem dieser seinem Herrn das freudige Ereigniß mittheilte, daß er nun auch weißes Porzellan bereiten könne. Dieser Fortschritt be- stimmte den Kurfürsten, die gemachte wichtige Erfindung von nun an im Großen weiter ausführen und eine eigene Porzellanfabrik anlegen zu lassen. Im genannten Jahre wurde dieselbe in Meißen auf der Albrechtsburg eröffnet und Böttger als Direktor an derselben an- gestellt. Zugleich machte in demselben Jahre auf der Leipziger Messe *) Sich gehörten die drei „Diener“ zu denjenigen seiner Arbeiter, welche am tiefsten in die Geheimnisse der Porzellanbereitung eingeweiht waren.