— 267 — Wiederholt hatte man von Frankfurt a. M. aus an unsern Kur- fürsten das Verlangen gestellt, Klettenberg entweder auszuliefern, oder ihn hinrichten zu lassen, weil er im Duell einen Edelmann erstochen habe. Hätte sich Klettenberg auf dem Königstein ruhig verhalten, so würde jedenfalls weder das Eine, noch das Andere geschehen sein. Durch seine wiederholten Fluchtversuche lieferte er sich dem Tode selbst in die Hände. Als ihm sein Todesurtheil angekündigt wurde, hielt er das Ganze für Scherz und sagte lächelnd: „Auf meinem Sarg- holze singen noch die Vögel.“ Nur zu bald sollte er sich vom Gegen- theil überzeugen. Daß er ein höchst sonderbarer Mann war, beweist seine, auf seinem letzten Lebensgange (den 29. Februar 1720) aus- gesprochene Bitte. Er bat nämlich um „die Gnade“, ihm nach der Enthauptung seine Perücke wieder aufzusetzen. 74. Ferruhutsz Gründung, 1722. Hie kvangelisch- lutherische Brüder— gemeinde. Graf Mikolaus Ludwig von Zinzendorf.— Andere verdienstvolle Männer: Johann Hübner; Christtan Gottlieb Schröter. Zwischen Löbau und Zittau liegt die Colonie Herrnhut, welche gegenwärtig fast 1200 Einwohner zählt. Herrnhut ist der Stamm= und Hauptort der evangelisch-lutherischen Brüdergemeinde. Mit Entstehung dieser Gemeinde, sowie mit Herrnhuts Begründung hat es folgende Bewandtniß. Im 15. Jahrhunderte hatte man mit Feuer und Schwert gegen die Hussiten gewüthet und Tausende und aber Tausende derselben waren von der Erde vertilgt worden. Im dreißigjährigen Kriege brach über die evangelischen Christen in Böhmen eine noch schwerere Zeit herein. Wer nicht zur katholischen Kirche überging oder ein neues Vaterland aufsuchte, verfiel dem bittersten Elende oder dem Tode. Trotz der schweren Verfolgungen hatte sich in Böhmen und Mähren ein kleiner Ueberrest der Hussiten erhalten, welcher in stiller Zurückgezogenheit seines Glaubens lebte. Um den fortgesetzten Bedrückungen zu entgehen, verließen die schwer Geprüften in aller Stille ihr Vaterland und wandten sich in die Oberlausitz, nach Berthelsdorf, ein dem Grafen Nikolaus Ludwig von Zinzendorf gehöriges Rittergut. Mit offenen Armen nahm dieser fromme Mann seine Glaubens- brüder auf und erlaubte ihnen, sich bei Berthelsdorf anzubauen. Am 17. Juli 1722 fällte man den ersten Baum zum ersten Hause. Die neue Colonie wuchs mit jedem Tage und erhielt nach zwei Jahren den bedeutungsvollen Namen Herruhut. Die nächste Veranlassung zu diesem Namen gab der nahe Hutberg; dann aber wollte man sich vor allem daran erinnern, daß die neue Gemeinde sich jederzeit unter die Hut, d. h. unter den Schutz des allmächtigen Herrn der Kirche