— 275 — einmal so viel Löffel fertigen konnte, als früher. Da gab es Gelegen- heit zu einem schönen Verdienste und dies erweckte in Tausenden von Arbeitern die Lust, sich der Löffelschmiederei zuzuwenden, weshalb der Andrang zu dieser Beschäftigung zusehends wuchs. Da wurde in und um Beierfeld, Sachsenfeld, Neuwelt, Pfannenstiel, Raschau, Grünstädtel, Aue, Grünhain r2c. vom frühen Morgen bis zum späten Abende gehämmert, verzinnt, und Millionen fertiger Löffel wanderten auf die Leipziger Messe, um von hier aus in fast alle Gegenden Europas ausgeführt zu werden. Jene Erfindung trug überhaupt dazu bei, von nun an die Verfertigung der Blechlöffel fabrikartig zu betreiben. Schlosser schmiedeten die Blechplatten, die eigentlichen Löffelarbeiter formten, „verteuften“ und verzinnten sie. Heute noch ist die Blechlöffelfabrikation ein wichtiger Erwerbszweig für die Be- wohner jener Gegenden. Auch in anderen Theilen Sachsens erlebten die Gewerbtreibenden die Freude, ihre Geschäfte immer mehr aufblühen zu sehen. Namentlich wurde die Nachfrage nach Zwillich, Drillich und Damast zusehends größer. Eine außerordentliche Ausdehnung gewann ferner der Lein- wandhandel, da immer bedeutendere Sendungen nach Bayern, Ham- burg, nach der Schweiz, nach England, Spanien, nach der Türkei und nach Rußland gingen. Recht glänzend waren ferner die Geschäfte der Tuchmacher, namentlich in Roßwein, das über 300 Tuchmachermeister zählte, ferner in Döbeln mit mehr als 200 Tuchmachermeistern, ebenso in Leisnig, Grimma, Kirchberg, Camenz. Nur ein Erwerbszweig wollte damals nicht recht blühen, und dies war die Strohflechterei in der Kreischaer Gegend. In jener Zeit verlor der Strohhut bei den höheren Ständen sein Ansehen; „jetzt setzen die Frauen lieber Gold und Seide auf den Kopf“, klagte (1711) der Pfarrer in Lockwitz, „wodurch das nützliche Geschäft der Stroharbeit immer mehr verfällt.“ 76. Das erste allgemeine Zuchthaus. („Brinz Lieschen“.) — Eigen- thümliche Strafen. — Yas Postwesen. (Adam Eriedrich Bürner.) — Brandversicherungskuasse. Bis zum Jahre 1716 besaß Sachsen kein allgemeines Zucht- haus, sondern die einzelnen Städte hatten für Gefängnisse zu sorgen, in welchen Diebe und andere Verbrecher ihre Strafe abbüßen mußten. Für viele Ortschaften war die Unterhaltung solcher Strafanstalten eine drückende Last, weil man verhältnißmäßig mehr Leute zur Auf- sicht brauchte, als in einem großen gemeinsamen Zuchthause. In dem obengenannten Jahre wurde eine derartige allgemeine Landes- anstalt ins Leben gerufen. 18“