— 277 — klügeren Leuten erschien aber das Ganze doch als ein Blendwerk und man wollte den angeblichen Kurprinzen, als er sich in Buchholz ein— fand, verhaften. Eiligst verließ die Apitzsch diesen gefährlichen Ort und floh nach Oederan, wo sie (bei dem Accisinspektor Vogel) Auf— nahme und Schutz fand. Daß sich der einfache, ehrliche Erzgebirger von dem Thun und Treiben einer verschmitzten Gaunerin täuschen ließ, läßt sich allenfalls erklären, daß aber auch höher gestellte Personen so kurzsichtig sein und sich blenden lassen konnten, würde man für unglaublich halten, wenn nicht Beweise vom Gegentheile vorlägen. Zu den Kurzsichtigsten unter den Kurzsichtigen gehörte der damalige Oberfischmeister von Günther in Augustusburg. In tiefster Ehrfurcht stellte er dem vermeintlichen künftigen Kurfürsten sein Haus und Hof und alles, was er hatte, zur Verfügung, und überhäufte ihn mit den höchsten Ehren. Damit der hohe fürstliche Herr auch in schönem Wagen und mit stolzen Rossen einherfahren könne, schenkte er ihm sogar eine prächtige Kutsche und 6 Pferde; überdies fügte er dem Geschenke noch eine Börse mit 300 Dukaten bei. Mit Freuden brachte er jedes Opfer, da er nicht zeiselt, daß ihm einst alles hundertfältig wieder vergolten werden würde. Daß dieses lächerliche Spiel nicht von langer Dauer sein konnte, liegt auf der Hand. So kam es auch. In Dresden erhielt man von dem betrügerischen Thun und Treiben der Apitzsch Kunde und uner- wartet erschien in Augustusburg ein Kommando Soldaten, welches die Gaunerin mit sammt dem überraschten Oberfischmeister nach der Residenz abführte. So sah sich die überspannte, höchst leicht- sinnige Betrügerin plötzlich entlarvt und der Herr Oberfischmeister tief beschämt. Was sollte mit dieser Gaunerin geschehen? Der Schöppenstuhl zu Leipzig verurtheilte sie zu Staupenschlag und zur Landesverweisung, welches Straferkenntniß der Kurfürst aber in lebenslängliche Zucht- hausstrafe, die später sehr gemildert wurde, umwandelte. Spottweise nannte man die Apitzsch gewöhnlich „Prinz Lieschen“. Die Behaup- tung, bei welcher „Prinz Lieschen“ bis an ihr Lebensende stehen blieb, daß sie sich selbst nie für den Kurprinzen ausgegeben habe, konnte ihre Thorheit nicht entschuldigen. Außer der Zuchthausstrafe gab es damals, namentlich für geringere Vergehen, oft sehr eigenthümliche Strafen. In manchen Städten, z. B. in Dresden, Leisnig 2c., stellte man an freien Plätzen, namentlich auf dem Markte, einen sehr hohen, aus Holz gefertigten Esel auf, auf welchem ein Verurtheilter einige Stunden reiten mußte. Dieser Strafe mußte sich in Dresden z. B. (im Jahre 1719) ein alter Bauer aus der Lommatzscher Gegend unterziehen, weil er mit der Peitsche nach der Schildwache gehauen hatte. Manche wurden