— 283 — Die Ausgaben für Ausführung der Bauwerke und für Berei- cherung der Kunstschätze waren zwar sehr bedeutend, es wurden aber Werke ins Leben gerufen, welche dem Lande wieder zu Gute gingen, bis auf den heutigen Tag viele Fremde nach Sachsen ziehen, die Aus- bildung der Künstler unterstützen, allen Bewohnern bei dem Besuche der reichen Kunstsammlungen einen hohen Genuß gewähren und den Sinn für Edles und Erhabenes befördern. August des Starken Verdienste um die Kunst wird die Nachwelt sicherlich jederzeit in dankbarem Andenken erhalten. Zu bedauern bleibt es aber, daß dieser kunstliebende Fürst außerdem noch hohe, hohe Summen zu glänzenden Festen und Vergnügungen verwendete, welche für die Dauer ohne allen Nutzen und Gewinn blieben. Zwar ist zuzugeben, daß die prunkvollen Hoffeste den Künstlern, Kaufleuten und Hand- werkern vielfache Gelegenheit zu Verdienst boten, daß die herbei- strömenden Fremden den Gastwirthen und andern Leuten so manche Einnahmen verschafften, aber es wurde auch durch dieselben der Hang nach Zerstreuung, es wurde Vergnügungssucht und Verschwendung unterstützt. Nur, um jene Zeit zum Unterschiede von der unfrigen näher kennen zu lernen, sei einiges aus dem Hofleben August des Starken hervorgehoben. Bis auf den heutigen Tag hat sich die Sitte erhalten, vor Eintritt der Fastenzeit allerlei Festlichkeiten, namentlich Masken- bälle zu veranstalten. Weit mehr, als bei uns, zeigt sich diese Sitte in den katholischen Ländern des südlichen Europas, wo zu den Fast- nachtsfreuden auch öffentliche Aufzüge maskirter Personen gehören, die durch allerhand Scherze und Possen die Zuschauer zu belustigen suchen. Weil die nachfolgende Fastenzeit den Katholiken den Genuß von Fleischspeisen beschränkt und weil den Evangelischen in dieser Zeit wenigstens alle geräuschvollen Vergnügungen untersagt sind, so verschaffte man sich, namentlich drei Tage vor dem Eintritt der Fastenzeit, noch allerlei Genüsse in Speise und Trank. Diese Fastnachtsvergnügungen — das Carneval genannt — waren es ganz besonders, die August der Starke zu prunkvollen Festen benutzte. Wahrhaft großartig, freilich auch sehr kostspielig, waren die veranstalteten Aufzüge durch die Straßen der Stadt. Da erschienen die hohen Herrschaften nebst ihren Gästen und ihrer Um- gebung in langen Zügen in der Tracht heidnischer Götter und Göttinnen, stellten ein andermal die verschiedenen Nationen Europas dar, wobei der Kurfürst einigemal als türkischer Sultan auftrat, ver- schmähten es aber auch nicht, wiederum in ländlicher Tracht zu er- scheinen und einen Bauernaufzug darzustellen. Bei dergleichen Auf- zügen spielten sehr oft gezähmte Raubthiere eine wichtige Rolle; so erblickte man in einem derselben vier zahme Bären und einen ge- zähmten Tiger. Auch an allerlei Kurzweil ließen es die Festtheil-